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Titel:LSD als Wegweiser
Droge:LSD
Autor:Chrissi555
Datum:07.07.2021 10:52
Nützlichkeit:9,38 von 10 möglichen   (112 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Wir waren bereit, alles zu verlieren - und haben dadurch alles gewonnen.



Ich möchte über meine Erfahrungen mit LSD berichten und die Auswirkungen auf mein Leben.

Mein erster Kontakt mit LSD war mit 18, das war 2009. Ich habe es seitdem etwa 50 mal genommen, vielleicht auch häufiger. Meine Trips sind nicht alleinstehend, denn sie bezogen sich (sofern es keine reinen Spaßtrips waren, die ich hier weglasse) auf meine jeweilige Situation und knüpften aneinander an. In meinem Bericht kommen auch andere Substanzen vor, aber LSD ist auf jeden Fall die, um die es hier vorrangig in meinem Leben geht. Mein Leben wurde von LSD geprägt und es hat entscheidende Wendungen gebracht. Ich werde darum auch mein Leben beleuchten.



Zum Hintergrund.

Meine erste Erinnerung ist, wie mein Vater meine Mutter zusammenschlägt. Sie ließen sich scheiden, als ich zwei war. Mein Vater hat seine Besuchswochenenden so gut wie nie wahrgenommen.



Meine ältere Schwester war das erste Jahr ihres Lebens mit meinem Vater Zuhause, während meine Mutter ihre Ausbildung fertig machte. Es kam wohl vor, dass meine Mutter abends nach Hause kam und die vorbereiteten Fläschchen noch unverfüttert im Kühlschrank standen. Das sagt wohl schon viel über meinen Vater aus. Es sagt wohl auch viel über meine Mutter aus, dass sie ihn trotzdem weiter den Vaterschaftsurlaub nehmen ließ, um ihre Ausbildung zu beenden.

Mein Vater, so wie ich ihn später als Erwachsene kennenlernte, ist ein Mensch, der vollkommen abseits der Realität lebt. Er inszeniert die Welt um sich herum wie ein Theaterstück.



Ich fühlte mich als Kind ständig angegriffen, durch Lehrer und Mitschüler, und ich wartete nur darauf, von meinen Freunden verraten zu werden. Ich definierte meinen Wert über Leistung. Angst oder Feigheit tolerierte ich nicht, weder bei mir noch bei anderen. Mit 6 sprang ich zum ersten Mal vom 10-Meter-Brett, einmal pro Jahr bis ich 15 war. Aus Prinzip.

Ich hatte seit meiner Kindheit Albträume, in denen ich umgebracht wurde - durch Bomben, radioaktive Verseuchung oder weil mich jemand aufschlitzte, in einem ewigen Gemetzel. Es war nächtliche Routine.



Meine Mutter ist der negativste Mensch, den ich kenne (edit: mit 50 diagnostiziert mit Gebärmutterkrebs und Gehirntumor, beides nun entfernt).

Wenn ich weinte sagte sie mir ich würde "überdramatisieren". Sie machte mir deutlich, dass ich die einzige bin, die irgendein Problem hat, und ich eine gestörte Wahrnehmung habe. Trotz "Bildungshintergrund" gab es ständig Gewalt in unserer Familie. Aber so lange die Noten stimmen, guckt ja keiner.

In der Pubertät begann es, dass ich in emotionale Löcher fiel, aus denen ich das Gefühl hatte, nie mehr herauszukommen. Eine immer größer werdende Leere breitete sich in mir aus, die völlige Gefühlsödnis. Ich lebte, um wenigsten einmal wahre Liebe zu erleben. Vorher wollte ich mich nicht umbringen.

Generelle Ablehnung gegenüber meinem Körper steigerte sich zur Magersucht, als ich 17 und 18 war. Ich war verliebt, aber Menschen wie ich verlieben sich nicht in psychisch gesunde Menschen. Und so sehen dann auch die Beziehungen aus. Ich versuchte, zwanghafte Ängste zu kontrollieren, die mich beziehungsuntauglich machen.

In den Winterferien (die Beziehung hatte sich gerade zum zweiten Mal zerschlagen) nahm ich mir vor, alle möglichen Drogen auszuprobieren, weil Ferien natürlich die ideale Gelegenheit waren. Außerdem hoffte ich, durch Speed den Alkohol beim Feiern einzusparen, weil der so viele Kalorien hat.

LSD war mir zu krass. Ich sagte mir, dass ich bei meinem psychischen Zustand bestimmt hängenbleiben würde oder einen Horrortrip hätte.



So kam die erste Goa-Party, DarkPsy. Ich ging hin, weil ich an Amphetamine herankommen wollte. Als ich dort ankam, war ich schon gut betrunken und statt nach Amphetaminen fragte ich nach Acid (weiß nicht, wie ich die Worte verwechseln konnte, das war wohl Schicksal). Fünf Minuten später bekam ich einen Tropfen auf die Zunge, fünf Euro wechselten den Besitzer. Und dann ... passierte gar nichts. Ich wartete und wartete, aber da kam einfach überhaupt keine aufputschende Wirkung (die ich ja erwartete). Mit der Musik konnte ich gar nichts anfangen. Irgendwann stellte ich mich trotzdem auf die Tanzfläche, nur um die Zeit totzuschlagen. Ich schloss die Augen und sah die Musik, bewunderte, was mein Gehirn so hervorbrachte. Ich konnte die Musik sehen, alles um mich herum. Die Menschen, die Welt, ich selbst, alles war Energie und ich war überzeugt, mit geschlossenen Augen wahrnehmen zu können, wo sich andere befanden, da ja alles Energie war. Hin und wieder wurde ich rausgerissen aus diesem Denken, wenn mich jemand anrempelte.

Ich empfand den Zustand auf Acid wie einen Meditationszustand, den ich gefühlsmäßig schon öfters ähnlich erlebt hatte. Und da ich eh durch das Tanzen immer in eine Art Trance gerate, bemerkte ich gar nicht, dass ich drauf war. Aus meinem Tagebuch:

Ich nahm alles in Gold und Schwarz war, aber ein glühendes Gold. Ich war nur eine Verdichtung, ein dunkles Etwas und alles um mich herum war auch nicht mehr als die Verdichtung von Gold bis hin zu Schwarz, pure Bewegung, Elektrizität. Ich nahm also mich selbst wahr und die Musik als ... Spindel. Spitz, rund, dominierend, zwingend, manchmal gnädig, manchmal zerknirschend. Das war der Moment, wo mir am stärksten klar wurde, was in mir vorging. Rechts und links von mir waren Schatten, die mich in einem Moment erdrückten, dann wieder an mir zerrten. Ich war zerrissen zwischen diesen Schatten und ich kämpfte, um mich von ihnen zu befreien. Natürlich tanzend. Ich kämpfte gegen diese Wesen an, die an mir zerrten und mich zwischen sich zerrieben und versuchte, meine eigene Integrität zu erlangen und mich von ihrem Schatten nicht erdrücken zu lassen, zu leben und das Licht wieder zuzulassen. Dann kamen die Momente, die sehr ähnlich den Erleuchtungszuständen bei der Meditation waren; wenn das Licht durch mich hindurchfließt, wenn es da ist und ich die Schatten abgeschüttelt habe.



Morgens um halb sieben ging ich dann, mit einem Hunger wie nie zuvor in meinem Leben. Ohne schlechtes Gewissen stopfte ich mich voll. Ich konnte nicht direkt nach Hause, weil am Alex noch mein Fahrrad stand und musste erst mal dort hin. Während ich also da stand, betrachtete ich das Pflaster der Straße und stellte fest, dass es sich wellenförmig bewegte, wenn ich halb darauf achtete. Ich schloss daraus, dass man mir in meine Amphetamine irgendwas Psychoaktives reingemischt haben musste und es wohl nicht reines Zeug gewesen war. Zu dem Zeitpunkt waren seit der Einnahme gerade mal 5, höchstens 6 Stunden vergangen, ich also noch voll auf dem Trip. Da meinen Infos nach Amphetamine aber nur 3 bis 4 Stunden wirken, dachte ich mir nichts weiter dabei und fuhr mit meinem Rad nach Hause.

Zuhause erst googelte ich nochmal und stellte fest, dass ich LSD genommen hatte. Ich war erschrocken und mein Fazit daraus war: Viel Lärmen um nichts. Es war auch nur wie ein sehr tiefer Meditationszustand. Nichts, was man nicht auch ohne Drogen hinbekommt. Nur halt mit mehr Arbeit verbunden.



Seit diesem ersten Trip starb ich nicht mehr in meinen Träumen. Es kam durchaus noch einige Jahre lang vor, dass mich hin und wieder jemand im Traum erstechen wollte. Aber dann hatte ich einen geistigen Schutzschild aus Energie, der die Klinge abblockte. Erst 2014 habe ich so etwas wieder erlebt, was aber den sehr belastenden Umständen geschuldet war.



Die erste Erfahrung mit LSD änderte nach außen nicht viel an meinem Leben. Ich zählte weiter fleißig Kalorien und hungerte mich herunter. Mein Körper machte das nun langsam nicht mehr gut mit, da ich ihn nun schon fast ein Jahr an seinen Grenzen laufen ließ. Ich fing an, Speed zu nehmen. In nur kleiner Menge, zuerst nur zum Tanzen auf Partys, dann aber auch wegen der angeblich appetitzügelnden Wirkung auch tagsüber. Als ich um die 50 Kilo wog, funktionierte das aber auch nicht mehr ... Stattdessen bekam ich Fressattacken, was umso vehementere Hungerepisoden zum Ausgleich nach sich zog. Wenn der Appetit allzu groß wurde, kaute ich das Essen und spuckte wieder aus. War mir zwar echt irgendwie peinlich, aber sah ja keiner in meiner Wohnung.

Das Ganze gipfelte darin, dass ich schon beim Treppenlaufen halbe Kreislaufzusammenbrüche hatte, abends nicht mehr Joggen gehen konnte, weil ich ständig krank und schwächlich war. Im Ausgleich aß ich noch weniger, da ich ja nun ohne Joggen weniger benötigte. Ich hatte im Winter ständig blaue Fingernägel und saß mit Jacke und Schal im Klassenraum ... Nachts wachte ich mit Schweißausbrüchen und Herzrasen auf. Die erste Sucht war die Magersucht. Und sie gab mir einen Kick! Nichts mehr brauchen. Durch das Speed verlor ich eher die Kontrolle über mich und mein Essverhalten, es war der ganzen Sache nicht dienlich und wurde dann auch aufgegeben. Dadurch aber, dass ich das Speed so lange geschluckt hatte, hatte ich mir vermutlich ganz schön die Darmschleimhaut weggeätzt, was letztlich dazu führte, dass ich einige Monate lang nur noch Durchfall hatte und mein Körper ganz schön hinüber war. Aber ich checkte das nicht in Verbindung miteinander, freute mich stattdessen, weil Durchfall bedeutet, dass vom Essen nicht so viele Kalorien aufgenommen werden ...



Meine beste Freundin (nennen wir sie Laila) wollte auch LSD probieren. Wir besorgten uns welches und gingen gemeinsam auf eine Goa-Party. Wir nahmen das LSD und tanzten. Ich konnte nicht länger als zwei Minuten, dann musste ich mich an die Wand lehnen, weil mein Herz zu sehr raste vor Erschöpfung. Eine Stimme hinter mir (oder in meinem Kopf?) sagte: "Das ist kein Spiel. Das ist kein Spiel." Ich fragte mich, wer auf einer Party rumrennt und die ganze Zeit so gruselige Sachen zu voll druffen Leuten sagt ... Sie erschrak mich, denn diese Stimme machte mir klar, dass es hier nicht mehr um Schönheit, Kontrolle oder Gutfühlen ging, sondern um mein Leben. Ich presste die Hand auf mein rasendes Herz und erkannte, dass ich sterben werde, wenn ich nicht ordentlich esse. Eine ganz einfache Logik. Willst du sterben, oder willst du leben? Wenn du sterben willst, mach weiter wie bisher, wenn du leben willst, dann iss! - Und ich wollte leben.

Da wir im Festsaal Kreuzberg waren (Friede seiner Asche!) und es ausgerechnet die Nacht vom 1.Mai war, schob der Türsteher uns sanft aber bestimmt wieder hinein, als wir uns einen Döner kaufen wollten. Bunt angemalt und giggelnd kichernd war das wohl auch besser so. "Die Fabelwesen bleiben besser drin.", sagte er und ich rief, begeistert, dass er unser inneres Wesen so gut erkannt hatte: "Jaaaa, wir sind Fabelwesen!" Das reichte schon zur Ablenkung und wir vergaßen, dass wir Hunger hatten. Zwei Minuten später stampfte draußen vorm Zaun eine halbe Hundertschaft mit Schild, Helm und Einsatzanzug an uns vorbei. Draußen war Krieg und wir mitten in der Oase des Friedens und der Freude.

Dies war der erste Trip, der eine richtig tiefgehende Erkenntnis in mir hervorbrachte (abgesehen von "Essen oder Tod"). Ich stand oben auf der Empore, schaute hinunter auf die Menschen und sinnierte über den Begriff "liebenswert".

Ich sah, dass jeder Mensch, egal wie unfreundlich oder unsympathisch, im Grunde seines Herzens nur geliebt werden möchte und lieben können will. Und dass dieses Bedürfnis, geliebt zu werden, einen Menschen auch "liebenswert" macht, in tatsächlicher Bedeutung des Wortes. Jeder ist es wert, geliebt zu werden, denn jeder hat dieses tiefe Sehnen nach Liebe in sich, nach wahrer Wärme. Ich stand da und weinte und betrachtete die Konsequenzen, die sich daraus ergaben. All der Hass und die Abneigung gegen andere und gegen mich selbst lösten sich auf. Ich weinte für all die ungeliebten Menschen und ich weinte für mich, die sich nicht selbst geliebt hatte.

Ich erkannte, dass das Leben in unserer Gesellschaft eine Kompromissleistung darstellt. Das gesellschaftliche Ideal befriedigt nicht die wahren Bedürfnisse und bei dem Versuch, beides unter einen Hut zu kriegen, macht man sich kaputt. Für mich war Goa ein Sinnbild dafür. Im Club beschaffte ich mir Papier und Stift und schrieb auf: "Ich will dir Goa-Partys zeigen. Du wirst sehen, dass das Leben aus Kompromissleistungen besteht. Du wirst vergeblich versuchen, sie zu leisten - Goa hat zwei Rhythmen, und wer kann sich mit Freude zu zwei Rhythmen gleichzeitig bewegen? Du wirst scheitern bei dem Versuch, der Musik gerecht zu ewrden. Und in dem Augenblick, wo du's aufgibst und beschließt, dann einfach das zur Musik zu machen, was du willst - da bist du plötzilch da, wo du auf Krampf nicht hingekommen bist. In dem Moment, wo es nichts mehr zu gewinnen gibt, wo Spiele, Verlust und Gewinn keine Rolle mehr haben - da TANZT du Goa. Da verstehst du Goa."

Am Ende von dem Trip erkannte ich erst, in der U-Bahn sitzend, dass ich selbst Bindungsängste habe. Das war für mich eine unfassbare Erleuchtung ...



Im Oktober '10 nahmen wir LSD auf einer DarkPsy-Party. Ich gelangte tanzend und denkend zu so komplexen Einblicken, dass ich mich für ein oder zwei Stunden an den Rand setzte und die Gedankenkette auswendig lernte, damit ich sie später wiedergeben kann.

ich weiß, dass mich seit frühester Kindheit der Makel behaftete. Das war das nächste Wort worüber ich stolperte. Makel. Und ich fragte mich, was für einen. Und ich erkannte, der Makel, etwas Schlechtes, etwas Unreines an mir. Ich hatte sehr früh angefangen, mich als Kind zu verurteilen für alles mögliche. Für die kleinsten Gedanken, allein schon für Impulse, die man als schlecht bewertete. Immer die stille Frage dahinter: Wenn ich diesen Impuls habe, er aber schlecht ist, dann bedeutet das, dass ich schlecht bin... Mein Makel begleitete mich. Das Wissen um meine eigene tief innen verborgene Schlechtigkeit, die ich mit noch viel größerer Mühe auszugleichen versuchte. Dabei wurde mir zum einen plötzlich sehr bewusst: Was ist, wenn dieser Makel gar nicht existiert? Was ist, wenn diese Schlechtigkeit an mir gar nicht existiert? Und da konnte ich plötzlich das ganze Konstrukt sehen, das ich um mich herum als Schutzschild aufgebaut habe, damit keiner meinen Makel sieht. Alles, ALLES was ich leisten kann. Je mehr ich leisten kann, desto größer muss der Makel sein. Je größer der Makel, desto mehr leiste ich. Nur niemals genug, denn ich bin ja im Innersten schlecht, allein dieser Umstand verhindert schon, dass ich mir in meinen Bemühungen überhaupt jemals genügen könnte. (...)

Ich hatte plötzlich die Geschichte von Adam und Eva im Kopf und wie sie aus dem Paradies geworfen wurden und vor allem die Frage, die sich jeder stellt: Was genau bringt es, zwischen Gut und Schlecht unterscheiden zu können? Hat die Schlange der Menschheit damit etwas Gutes gebracht? Welche Aussage hat nun die Fabel? War es schlecht, dass von dem Apfel gebissen worden ist (denn dann gäbe es uns ja nicht) oder war es doch in Ordnung und symbolisiert die Pubertät und das Erwachen? (...)

Ich erkannte, dass der Weg, zurück in den Urzustand zu gelangen, bedeutet, den bescheuerten Apfelbissen wieder auszuspucken. Die Schlange brachte den Zweifel, Eva vergiftete sich am Apfel , delirierte und glaubte plötzlich Schlechtes zu sehen, bzw. Dinge in gut und schlecht einteilen zu könnnen. Eine schöne Beschäftigung, so wie sich hinstellen, auf die verschiedensten Gegenstände zu zeigen und ihnen Namen und Farben zu geben. Und so aßen sie vom Baum der Erkenntnis und sahen sich um. Sie sahen sich um, das bedeutet: Sie sahen sich um in der Erwartung, etwas zu sehen. Nämlich das Schlechte. Und wer sucht, der findet. Ist der Zweifel erstmal da, er zerfrisst alles. Ist da draußen so viel Böses, ist der andere vielleicht böse? Bin ich selbst böse? Durch den Glauben an die eigene Schlechtigkeit erst haben wir den Platz für die tatsächliche Schlechtigkeit geschaffen. Und wenn wir eh davon ausgehen, dass die ganze Menschheit im Grunde ihres Herzens schlecht ist, was macht es mir dann noch aus, Städte zu bombardieren und Atombomben abzuwerfen? Ein Kind, das von kleinauf für seine Bedürfnisse gehasst wird, dessen Schreien die Eltern nervt, dessen Verhalten ständig gemaßregelt wird, das kann sich nicht als gut empfinden. Das lernt schon früh, dass es schlecht ist und ungenügend, so wie es ist. Eine nervende Belastung, dabei will es doch alles tun, um geliebt zu werden. Denn die Liebe braucht es so sehr. (...)

Alles, was existiert, hat auch schon seine Existenzbegründung. Denn wenn sich die Materie die Mühe macht, meine Zellen zusammenzuhalten und auch den Boden unter mir, wenn all dieser Aufwand betrieben wird und ich nun in seinen Genuss komme, ob ich es nun will oder nicht, ob ich gerade unglücklich bin oder nicht, dann werde ich wohl GEWOLLT. Auf diesen Gedanken kam ich, weil ich fragte nach den Anfängen. Der Beginn vom Gut und Schlecht kommt mit dem Gefühl, nicht gewollt zu werden, anders gewollt zu werden. Wer nicht gewollt wird, der erkennt sich selbst als schlecht. Wer sich selbst als schlecht sieht, beginnt, Schlechtes auch woanders zu sehen. So beginnt der Kreis. (...)

Hätte die Materie auch nur einmal das Gefühl, es gäbe für uns keinen Grund mehr, hier zu sein, könnte sie uns auch einfach so verschlucken. Aber solange sie DAS nicht tut, solange wir noch atmen, haben wir das Recht, zu leben und dieses Leben anzufüllen mit was auch immer wir wollen. Wäre die Materie mit irgendwas nicht einverstanden, sie würde uns verschlucken. Aber sie nimmt es hin, sie wartet geduldig. Das war meine eine Erkenntnis. (...) Mir wurde klar, dass der Wegbegleiter nicht derjenige ist, dessen Aufgabe es ist, mich glücklich zu machen. Wir suchen uns Menschen, die uns ähneln und die wir lieben; wenn sie dann uns lieben, dann ist es, als würden wir uns selbst lieben. Das ersetzt das mangelnde Gefühl des Gutseins. (...)

Ich versuchte, mich an das Gefühl zu gewöhnen, ohne Schlechtigkeit zu sein. Ich fühlte mich frei. Mir wurde klar, dass man nur unter diesen Verhältnissen versuchen sollte, mit jemandem glücklich zu werden: Indem man ihn nicht als Spiegel benötigt, indem man schon erkannt hat, dass man frei ist von Schlechtigkeit. Denn dann ist man frei. Und Liebe sollte entstehen, wenn sich Menschen in Freiheit begegnen. (...)

Da wurde mir klar, dass alle Menschen schizophrene Persönlichkeiten sind. Es geht gar nicht anders. Wir lernen als Kind schon, dass es da etwas Schlechtes, etwas Böses in uns gibt. Wir bekommen auch außenherum gezeigt, was alles schlecht ist. Und wenn uns jemand, der uns das Gefühl gegeben hat, doch einfach nur gut zu sein, sich abwendet, dann ist es nicht nur das fehlende Spiegelbild, was uns zerstört. Dann ist es, als habe er nun doch die innere Schlechtigkeit in einem gesehen - die man nicht gut genug verborgen hat - und die nun Anlass ist, sich abzukehren von einem.

Ein Mensch, der sich selbst als schlecht wahrnimmt und als Bedrohung für andere, nimmt plötzlich die Bedrohung der Massen wahr, die sich selbst jeweils ganz insgeheim für schlecht halten und daher umso vehementer versuchen, das Schlechte in der Welt da draußen zu bekämpfen. Und ich erkannte plötzlich die Wahrheit. Und immer noch erstaunt es mich, das zu erkennen: ES GIBT NICHTS SCHLECHTES AUF DER WELT. Es ist alles Illusion. (...)



Es war ein ganz neues Gefühl, sich gewollt zu fühlen, richtig und nicht schuldig, weil man die überbevölkerte Welt noch ein Stück weiter überbevölkert mit seiner bloßen Existenz. Sich nicht als Bürde und Last zu empfinden für alles um sich herum, sondern richtig zu sein, richtig sein zu dürfen.



Das nächste Mal trippte ich wieder mit Laila zusammen. Es war unter der Woche. Ich war nur noch wütend auf den Herrn meiner Träume (wir waren mal wieder grade zusammen) und empfand gar keine Liebe mehr für ihn. Ich fühlte, dass wir uns in eine Sackgasse manövriert hatten. Laila ging es ebenfalls nicht so gut. Wir telefonierten und beschlossen, unverantwortlich zu sein und unser Elend in Drogen zu ertränken. Wir schrieben auf einen Zettel, was wir lösen wollten auf dem Trip. Sie ihre Berufswahl, ich meine doofe Beziehung und den Lebenssinn.

Zuerst lachten wir nur die ganze Zeit und ich war ein bisschen genervt von mir selbst, dass ich sie ständig zum Lachen bringen wollte. Als hätte ich Angst vor der Stille. Dann hörten wir Musik (Mogwai - Take me somewhere nice) und ich begann zu weinen.

Während all dieser Zeit spielte sich noch etwas anderes ab, denn wir weinten und immer wieder musste ich darüber lachen, dass wir weinten (Laila etwas weniger) und zwar, weil immer wieder die Objektivität reinfunkte. Und wir sprachen darüber und fragten uns lachend-weinend: „Was ist denn bitte Objektivität? Die Betrachtung eines Außenstehenden – was ist denn bitte ein Außenstehender? Ein Mensch, völlig geprägt von dieser verkackten Zivilisation, der sich ja so viel auf seine Wertung einbildet – was ist das für ein Mensch, der sowas lustig findet? Der ist doch viel kränker als wir! Wieso nehmen wir seine Sicht an? Wieso meinen wir, über uns, hier sitzend und über die Welt weinend, lachen zu müssen? Was ist denn daran lustig, dass Menschen sehen, wir kaputt und verkommen diese Zivilisation ist?“

Depressionen – Antidepressiva und einen Haufen Psychotherapeuten, die eine Beziehung mit einem führen, für die sie bezahlt werden.

Wie kann man sich soviel auf sich einbilden, durch die Welt zu rennen auf der Suche nach diesem einen ganz Besonderen? Denn man selbst ist ja so einzigartig, ganz im Gegensatz zu allen Menschen um einen herum, die ja alle nur völlig normal sind und man selbst ist auf der Suche nach diesem einen Menschen, der genauso einzigartig ist wie man selbst, damit man einen Schimmer des kaputten Kinds des anderen erhaschen kann durch all diese aufgesetzte Fassade und sich einbilden kann das wäre Liebe.

Bis man irgendwann diese Oberfläche des anderen über hat und meint, ihn nicht mehr zu lieben und weiterzieht und die Bindung „beendet“. Und wir begannen zu lachen, weil es völlig unmöglich ist, Bindungen zu beenden, weil sie dableiben und es ja wohl keinen Unterschied macht - was ist schon Zeit? - und weil es keine Rolle spielt, wo der andere ist, nicht mal, ob er überhaupt noch lebt, weil er dann halt wieder Teil ist von der Urmasse, die alles erst hervorbringt...

Das Seltsame an dem Trip war, dass wir uns entfernten von uns und dem Leben und überhaupt der ganzen Erde. Was ist das Universum? Ein kleiner Furunkel auf diesem riesigen... Gefühlsding. Leben heißt halt gerade etwas außerhalb der Urmasse sein wie so'n kleines abgestoßenes Kügelchen inner Lava-Lampe, und tot sein, heißt, wieder Teil davon zu werden. Was ist denn schon das Universum wenn es so unendlich viel mehr gibt? Dieses Gefühl in dem wir plötzlich waren (bzw. wir hatten den Eindruck, einfach zwischen den beiden Dingen zu sein und darum beide betrachten zu können) war so mächtig und riesig... Und dann begann die Phase, die acht Stunden andauerte, bis zehn Uhr morgens: Nachdem wir ein gesamtes Paket Taschentücher zu einem halben Meter großen Rotzhaufen auf dem Boden umgewandelt hatten, begannen wir zu lachen. Wir lachten über alles, weil alles so sinnlos war, plötzlich. Und dadurch so einfach und frei und schön. Alles war in eine Relation gerückt.

Wozu suchen denn Menschen nach dem kleinsten Teilchen der Atome? Das ist, als ob man in der Scheiße hockt und in ihr rumwühlt. Und nicht einmal aufblickt auf das Gigantische, was das alles produziert hat.

Was ist das denn bitte, dass Menschen malen und Trauer malen und allen zeigen: Schaut her, ich hab ein kaputtes Kind!, und sie dann auch noch in Ausstellungen rennen und Geld dafür geben, sich das kaputte Kind eines anderen anzugucken, dabei könnten sie es in jedem, der um sie herum steht, finden! Stattdessen stehen sie brav mit einem halben Meter Abstand davor und zahlen Geld für etwas, das ihr natürlichstes Sehnen befriedigt – die emotionale Nähe zu einem anderen Menschen. Sie bezahlen und nutzen die Bilder als seelisches Masturbations-Objekt. Wie krank ist das, für etwas zu zahlen auf umständlichstem Wege, das man wegstößt, wenn es jemand offen zeigt? Was ist mit dem Obdachlosen auf der Straße? Braucht man erst den Schleier oder die Distanz durch Bild und Bücher, um sich zu trauen, einem Menschen emotional nah zu kommen?

Am meisten musste ich über den Holocaust lachen. Ich meine, wieso bildet sich unsere Gesellschaft ein, das wäre schlimmer als andere Dinge? In nem Krieg sterben wahllos Menschen, im Holocaust nur ne ganz bestimmte Sorte, na und? Ist es denn so wichtig, ob ich nun ganz bestimmte Menschen töte, oder, wie in den Kriegen, die die ganze Zeit schon die Erde zerfetzen, verschiedene???

Vom Hier zum Greifen nach den Waffen ist es nur ein unbedeutender winziger Schritt! Denn die tausend Schritte, die zum Krieg führen, haben wir schon längst getan. Wir sind doch alle gewaltbereit! Ständig! Wir leben mit Filmen über Hass und Wut und Rache und Kriege, wie kann man denn so verblendet sein zu glauben, diese inneren Dinge würden sich ändern durch ein bisschen präventiven Unterricht?[/i]



Es war eine sehr heftige Erfahrung.



Danach trippten wir einige Monate nicht. Den nächsten wichtigen LSD-Trip machte ich allein und analysierte dabei meine Beziehung, die wieder einmal kaputt gegangen war. Brauchen war ein Tabu ... Ich durfte ihn nicht brauchen und wenn er das Gefühl hatte, ich brauche ihn für irgendwas, war er weg. Gleichzeitig tauchte aber vermutlich auch sein eigenes Brauchen auf, seine eigenen Sehnsüchte, die er nicht zulassen konnte, die er stellvertretend in mir bekämpfte ... Ich kam auf dem Trip zu dem Schluss, dass das ungute Muster, mit dem wir uns gegenseitig bedienten, nur durchbrochen werden konnte, wenn einer wirklich von seiner Störung geheilt ist. Ich glaubte damals, noch ein oder zwei Trips mehr und ich hätte mich selbst geheilt. Die Beziehung zu retten war die beste Motivation überhaupt für mich. Ich kam aber zu keiner Lösung auf dem Trip, außer offen und ehrlich sein. (Aber das reichte leider, wie die Erfahrung zeigt, auch nicht aus.)

Mit ihm erlebte ich die Wahrheit, die ich sonst nur von LSD kannte. Ich brauchte keine Drogen, wenn ich bei ihm war. Meine Konzentration war in seiner Gegenwart so gesteigert, dass ich Stunden später die Konversation wortwörtlich in mein Tagebuch schreiben konnte. Es war die totale Intensität, die absolute Wahrnehmung, schon beim Sehen, Sprechen. Wir waren in einer Blase aus Licht, wenn wir miteinander sprachen, ein Sich-Erkennen, Sich-Kennen, das weit über intellektuelles Informationensammeln hinausging. Ich FÜHLTE ihn. Mit ihm blieb die Zeit stehen, mein Leben war auf Pause. Ich verstand sofort, was Albert Hofmann damit meinte, dass Liebe die höchste Form der Wahrnehmung sei.



Ich spürte in dieser Zeit meine eigene Entwicklung bittersüß: Ich fühlte, dass ich mich ihm - und mir selbst und allen Menschen - mit jedem Trip emotional näherte, dass ich mich heilte; und gleichzeitig auch mit jedem Trip einen Schritt von ihm fortging und von dieser gemeinsamen (sehr negativen) Weltsicht, die uns einander so vertraut und verbunden gemacht hatte.

Ich schrieb ihm ellenlange Emails über das, was ich erfahren und erlebt hatte auf meinen Trips, in der Hoffnung, ihn irgendwie mitnehmen zu können, aber ohne Erfolg. (hab ihn letztens wieder gesehen. Er steckt immer noch in den gleichen Geschichten und Denkmustern fest.)



Im darauffolgenden Sommer nahm ich Ayahuasca in einem Ritual. Ich dachte, es würde wirken wie LSD. Dies war nicht der Fall. Jegliche Kontrolle über mein Denken und Fühlen entglitt mir. Mein Hirn wurde verrückt, alles Denken zerstückelt, unfähig zu Klarheit, der pure Wahnsinn. Und dann war da etwas, das sich in mir hochschlich. Ich spürte es und Panik ergriff mich, denn ich hatte geahnt, dass dort etwas in mir lauert, aber es so weit von mir geschoben, dass ich es schon fast vergessen hatte. Ich war starr vor Schreck und Angst und Schmerz und um nicht zu schreien, hatte ich meine Faust im Mund. Mein Mund fühlte sich seltsam an, die Zähne waren fehl am Platz. In meiner Erinnerung waren keine Zähne da. Ich wimmerte, konnte es einfach nicht zurückhalten. Wenn ich die Arme streckte, erschienen sie mir viel zu lang. Die kalte Luft brannte in meinen Lungen und stach in meine Haut wie tausend Nadeln. Eine Tür in mir wurde aufgestoßen, die ich in mühevoller Arbeit jahrelang verschlossen hatte und dann in einen Bereich meines Bewusstseins verschoben hatte, wo ich sie nicht mehr bemerkte. Es kamen keine Erinnerungen heraus, nur die Gefühle und ich spürte, dass ich dies schon so oft erlebt hatte. Und dass ich dieses Erkennen, dass ich es schon so oft erlebt hatte, auch schon unendliche Male erlebt hatte. Etwas, das immer wieder weggeschoben und von außen brutal herausgezerrt wird, in das grelle Licht der Wahrnehmung, ohne dass es bewältigt werden kann. So, dass es mit letzter Kraft von mir wieder fortgeschoben wird. Es war ein Horrortrip, der größtmögliche vorstellbare Horror. Pures Entsetzen, seelischer Schmerz. Es lässt sich nicht beschreiben und ich wünsche so was keinem. Weder meine Freundin, die dabei war, noch der Schamane verstanden, was passierte. Er pustete nur Rauch auf meinem Kopf aus und sagte hilfreiche Kommentare wie "You are not a child anymore, you are a woman now." Die Freundin, mit der ich an der Zeremonie teilnahm, umarmte mich und sagte "It's ok, the demons are gone now.", aber ich erwiderte: "There are no demons. It's me!" Ich flehte sie an, mich umzubringen, sollte ich von dem Trip nicht mehr runterkommen. Ich hatte Visionen, wie ich mein Leben nun fortführen würde: ins Kloster gehen und zu Gott beten, mich zu erlösen. Nie wieder Drogen nehmen.

Ich war zwei Stunden lang gefangen. Ich sagte, ich will nicht leben. Und das war es, was ich fühlte. Die Welt war falsch, ich hatte nicht darum gebeten zu leben, die Welt war schrecklich.

Nach mehreren Stunden kam ich endlich raus, indem ich mich auf das Licht konzentrierte und das tat, was ich schon so oft getan hatte: Eine Mauer nach der anderen hinter mir schließen, immer mehr Abstand zwischen mich und das bringen, was da herausgebrochen war. Alles zumauern und sich schwören, nie wieder dorthin zu schauen. Ich durchschritt meine Kindheit, ließ Zeit vergehen und Türen sich schließen.



Ich hatte noch zwei weitere Ayahuasca-Zeremonien. Ich hatte die Hoffnung gehabt, das Rätsel um das aufzulösen, was da in mir lag, aber ein Teil in mir hatte seine Lektion gelernt und bewachte die Tür nun doppelt so gut.





Mit 22 wurde ich ungewollt schwanger (Vorsicht bei der Einnahme von Antibiotika auf Pille!!). Ich bekam meinen Sohn am See. Besonders interessant waren etwa zehn Minuten, wo ich ganz allein war. Meine Wahrnehmung änderte sich komplett, es wurde alles trippig, wie auf LSD, und der Schmerz wandelte sich in bloße Wellen. Auch alles um mich herum nahm ich wahr wie auf einem sehr, sehr schönen Trip. Sobald ich nicht mehr allein war, war es wieder wie vorher. Ganz normal, schmerzhaft, aber auch nicht schlimm. (Empfehlenswert: Michel Odent - Geburt und Stillen) Dass Babys weinen oder weinen müssen, wenn sie auf der Welt sind, ist ein Trugschluss. Faktor dabei ist auch, ob man gewaltsam die Verbindung zur Mutter (Nabelschnur) durchschneidet und damit Stress kreiert, oder ob man die Natur einen langsamen Übergang gestalten lässt. Mein Sohn wurde geboren ohne Angst. Mit erstauntem Blick schaute er bald in die Gegend, während er in Ruhe atmen lernte.



Nach der Geburt war ich etwa eine Woche in einem ständigen High. Es war wie auf einem wunderschönen MDMA-Trip. Komplette Symbiose. Dann brach es ein, als der Vater meines Partners beschloss (wir lebten zu dem Zeitpunkt bei den Eltern), nicht mehr mit mir zu sprechen, weil er die Geburtsweise für unverantwortlich hielt. Hormonelles Ungleichgewicht und eine traumatische Kindheit koppelten sich ungünstig - ich hatte einen Nervenzusammenbruch, heulte mehrere Stunden lang, konnte mich um meinen Sohn nicht mehr emotional fürsorglich kümmern und am nächsten Tag wachte er auf und ertrug es nicht mehr zu liegen. Ab diesem Tag wurde das Leben zur Hölle, eine nicht enden wollende Negativspirale von Schlafentzug, keine Zeit für Selbstfürsorge, wenig Unterstützung, finanzielle Not usw.

Nach etwa zwei Monaten war ich fertig mit der Welt. Abends sagte ich noch zu meinem Partner: "Ich freu mich nicht auf morgen, ich freu mich nicht auf einer Woche, ich freu mich nicht auf in einem Monat - nicht einmal in einem Jahr wird es besser." Am nächsten Morgen wachte ich auf mit Bauchschmerzen. Die gingen schnell weg, dann kam das Fieber. Ibuprofen half nichts, kurzum: 40 °C Fieber, mein Körper hatte ein Selbstmordkommando gestartet. Vollgestopft mit Antibiotika entließ man mich nach einigen Tagen wieder aus dem Krankenhaus, das Entsetzen darüber, wie man in unserer Gesellschaft mit Säuglingen umgeht (bzw. meinem Sohn im Krankenhaus) hatte mich in einen minimalen Lebenswillen zurückgebracht. Da ich eh nicht stillen durfte und mein Partner aufpasste, nahm ich LSD.

Auf dem Trip wurde mir erst bewusst, dass ich wirklich sterben wollte. Und auf dem Trip kam auch erst der Wille zu leben zurück.



Die nächsten Jahre waren und blieben schwer. Was Elternschaft in unserer Gesellschaft bedeutet, besonders für diejenigen, die keine Unterstützung im sozialen Netzwerk haben (alle anderen waren auf Partymodus, die Großeltern waren selbst voll im Karrierealter, wir Studium), wurde mir erst in diesen Jahren klar.



Mein Leben fing erst wieder an, als mein Sohn groß genug wurde. Sein Vater und ich waren und sind einander als beste Freunde und Weggefährten verbunden.



Mein bester schwuler Freund und ich verliebten uns ineinander (ja, das gibt's, und er hat angefangen!). Was ich mit ihm erlebte an Zuständen lag fern von allem, was ich für möglich gehalten hatte. Ich trippte völlig ohne Drogen, hatte praktisch halluzinatorische Denkprozesse. Wie die heftigste Droge. Wir redeten die ganze Nacht ohne zu schlafen, das Gehirn wie in einer tiefenentspannten Trance, und am nächsten Morgen fühlten wir uns frisch und ausgeruht - den Schlaf musste ich nie nachholen. Ich begann, mit der Freiheit seines Systems zu denken und er nutzte die Strukturiertheit von meinem. Wir erlebten Telepathie, er schrieb mir einen Gedanken, den ich im gleichen Augenblick über ihn gehabt hatte ... Und so weiter. Das waren die schönen Seiten des Miteinanders. Aber Oxytocin öffnet das Tor zu Himmel und Hölle, das Memory-processing wird gesteigert und schmerzhafte traumatische Erlebenisse drücken an die Oberfläche, die nun in dieser neuen Beziehung aufgelöst werden wollen. Keiner von uns kam klar mit dem, was hochkam. Er wurde paranoid und manipulativ, hatte einen Acid-Trip ohne mich, wo er der Überzeugung war, wir würden ein Spiel spielen "Psychopath vs. Psychopath" und schrieb daraufhin ein Mindmap: "How to make her have sex with me: Make her jealous - tell her I love her" (das ich später fand). Ich erkannte den Menschen nicht wieder. Hatte eine Transformation von dem vermutlich fakesten, sensibelsten und submissivsten Schwulen, den man sich nur vorstellen kann, in einen albtraumhaften heterosexuellen Sadisten vor mir. Er tat mir gezielt weh, wo er nur konnte.

Der Horrortrip erklärt sich inzwischen als ein Kindheitstrauma, das verdrängt worden sein muss. Die hypnotische Intensität, die ich mit meinem Freund erlebte, öffnete auch tief vergrabene Teile meiner Persönlichkeit - und in seiner. Wir beide waren in der BDSM-Szene, ich dort, wo man empathisch und in Vertrauen Transzendenz erlebt, er in Vergewaltigungsszenarien, Überdosierung, Traumatisierung als Kick, kein Küssen. Ich hatte Angst vor seiner Sexualität, er vor meiner.

In Momenten, die in die sexuelle Richtung gingen, war ich wie paralysiert. Konnte mich nicht mehr bewegen, nicht mehr sprechen, verstand seine Worte nicht. Meine Augen schlossen sich ohne mein Zutun. Wenn er mir befahl, ihn anzuschauen, fokussierten meine Augen wie fremdgesteuert auf ihn, nur um dann wieder ohne meine Kontrolle abzudriften und sich von allein zu schließen. Die gesamte Persönlichkeit sich auflösend. Kein Teil meiner selbst war noch unter meiner Kontrolle. Es war wie ein Zerbrechen in hunderttausend zusammenhanglose Fragmente. Ich wurde innerhalb von Sekunden ohnmächtig, schaffte es nur mit Mühe, Stop herauszubringen.

Teilweise habe ich komplette Amnesie für bestimmte Handlungsabläufe. Einmal befahl er mir (in einer eigentlich nicht-sexuellen Situation) "Come now!", und seine hypnotische Kontrolle über mich war so groß, dass ich gegen meinen Willen einen Orgasmus hatte. Ich schaute mir selbst ungläubig zu, wie es passierte, es nicht fassen könnend, dass er mein Nein so übergangen hatte und es auch noch klappte! Es war eine massive Grenzüberschreitung. Ich war nie mit einem Mann gekommen. Ich konnte nie und wollte nie. Generell war für mich der Orgasmus immer etwas Unangenehmes, Entblößendes gewesen, Bestätigung für den Mann, mit mehr negativen Emotionen gekoppelt als positiven.

Es war unmöglich, mit ihm weiter in diesen Bereich zu gehen, obwohl wir es beide wollten.



Nach der Grenzüberschreitung waren wir ein Jahr getrennt. Als wir uns wieder sahen, war er drogenabhängig geworden. Seine eigene Kindheit holte ihn ein, und das Kokain erlaubte zeitweise, die Angstzustände unter Kontrolle zu halten.

Sein brillantes Hirn war zu einem begrenzten, sich in endlosen Spiralen geschlossenen System geworden. Er wusste kaum noch, wer ich war, hatte den tatsächlichen Ablauf unserer Geschichte vergessen. Wir waren nur Freunde. Er nahm ja kaum etwas wahr.

Am zweiten Abend nahmen wir LSD miteinander und wollten in den Kater gehen. Er hatte gesagt, einer der blauen Sterne sei so viel wie ein halber Trip. Ich nahm also zwei. An der Ampel stehend merkte ich plötzlich, dass es viel zu schnell viel zu viel wurde. Ich sah ihn an und er wirkte plötzlich wie der Devil in disguise, wie der Kriminelle aus dem Untergrund im GTA-Spiel, der dich zu seinem Mafiaboss führt. Mir wurde klar, dass ich ihm nicht vertrauen kann und ich diesen Menschen nicht kenne. Ich sagte ihm, er solle mich zurückbringen. Er versuchte, mich weiterzulotsen. Am Ende brauchte es meine unmissverständliche Drohung, dass unsere Geschichte vorbei ist, erst dann lief er widerstrebend hinterher, tat dann aber vor der Tür erst mal so, als finde er seinen Schlüssel nicht, bis ich Anstalten machte, meinen rauszuholen... In der Wohnung konnte ich mich kaum noch auf den Beinen halten und klappte auf der Couch zusammen. Er wechselte zwischen panisch-getriebenen Versuchen, schnell aus der Wohnung zu kommen, und Switchen zu plötzlich langsam-lauernd, immer wieder einen Grund findend, doch noch zu bleiben und Kontakt aufzunehmen. In sekundenschnellem Wechsel. Wäre ich nicht so beschäftigt gewesen, auf den heftigsten Trip meines Lebens klarzukommen, wäre es mir gruselig gewesen. Ich sagte zu ihm: "You in your emotional state right now are not good for me". So ging er.

Ich zog mich aus und sagte: "Das ist alles." Und lachte und weinte über unsere Geschichte und über die sich immer wieder wandelnde Bedeutung in diesem Satz, das Bittere, die Hoffnungslosigkeit, die Tiefe, die Trauer. Konnte es noch besser werden? Zehn Minuten später bekam ich eine Nachricht von ihm. "The police got me. They might come to the flat. Flush the stuff!" (Er war in schwulster Partykleidung, mit Blümchenhut und mit dem Roller Schlangenlinien auf dem Fußweg gefahren... Auf acid, Koks und 1g Koks dabei.) Ich war nicht mal fähig, meine Hose anzuziehen. Nahm eine von ihm, der Rest musste so bleiben. Was in den nächsten Stunden geschah... Es war Anfang März. Zum damaligen Zeitpunkt konnte sich noch keiner vorstellen, was Corona in Deutschland und der Welt bedeuten würde. Ich hörte die ständigen S-Bahnen vorm Fenster, den grässlichen Lärm der Straßen um Jannowitzbrücke, und spürte den Schmerz und den getriebenen Hunger der Welt, die Maschinerie, die die Ökosysteme ans Limit treibt, und immer noch wollen die Menschen nichts wissen von dem, was sie tun. Ich fragte mich: Was muss passieren, damit sie endlich aufhören und Verantwortung übernehmen lernen, bevor es für alle zu spät ist? In meiner Realität verband ich mich in dieser Nacht mit dem Quantenfeld. Ich betete um space, time, chill, und sagte ich will nur noch Augen sehen.

Be careful what you wish for.

Ich spürte auch sein System in diesen Stunden, ein alles erfüllender dunkler Zorn. (Er sagte später, das sei seine Emotion im Gefängnis gewesen, für mich machte sie keinen Sinn auf dem Trip, aber sie erfüllte mich während dieser Stunden wie eine zweite Seele.) Ich kam in meine eigene Verantwortung, für mich und die Dinge, die getan werden müssen.

Als er wieder kam, hatte er zwei Stunden im Knast verbracht. So wie immer konnte er mir ewig nicht in die Augen sehen, erwartete Angriff und Kritik. Er drückte mir einen Zehner in die Hand und warf mir einen Lolli-Ring in den Schoß. Angeblich nur zum dran lutschen. Ich warf ihn daraufhin wütend durch den Raum. Er war wütend, weil der Hund ihn fressen könnte und warf ihn in den Müll. Später suchten wir noch nach dem Ring (na ja, ein gemeinsamer Freund tat uns den Gefallen, aber fand ihn nicht mehr wieder und unsere beider Stolz war zu groß, um durch den Müll zu kriechen). Er gab mir dann aber einen anderen, hielt ihn mir hin, zusammen mit einem Bier und seinem Flaschenöffner in Form seines Schwanzes, grinsend abwartend, was ich zuerst greifen würde. Ich griff aus Gewohnheit den Flaschenöffner zuerst.

Wir saßen am Tisch und ich sagte ihm: "I won't play these games anymore."

- "What games?"

"You. Me. This is real. I won't run away anymore."

- "You will be a widow." (Er war schon immer suizidal gewesen, zu dieser Zeit mehr denn je)

"But this means you will have married me."

Er guckte ertappt. Die nächsten Stunden waren wir beide drin. Diese Liebe in den Augen, diese Verbindung, das Versprechen von Ewigkeit, und endlose Tränen über den Schmerz, der dort begraben liegt. Ich sah tausende Gesichter in Sekunden über sein Gesicht flackern, war in anderen Zeiten, andere Menschen, andere Welten.

Ein gemeinsamer Freund war noch dazugestoßen, den ich gebeten hatte zu kommen, als ich noch allein auf die Polizei gewartet hatte. Kaum war er weg, brach die Verbindung wieder ein. Wieder die alte Angst, die den Mann, den ich liebte, daran hinderte, mich anzuschauen. Wir hatten uns verloren. Die Perspektive von Zusammen war noch im Raum, doch die Realität schien es unmöglich zu machen.

Kommunikation war schwer in dieser Zeit. Drei Wochen später kam der Lockdown. Er driftete in eine paranoide Psychose, in der er überzeugt war, dass Freunde ihn gehackt, Drogen bei ihm versteckt hatten und seine Daten verändert. Er wog kaum noch 50 Kilo. Ich zog bei ihm ein und es wurde besser. Er konnte dann auch über längere Zeiträume ohne Koks. Ohne Albträume schlafen. Frieden finden.

Ich war einen Monat bei ihm, bis er reisefähig war und zum Rehab fliegen konnte. Kaum hatte er sich stabilisiert, gab es wieder einen Persönlichkeitsswitch von der ängstlich-weiblichen in die misstrauisch-männliche Persönlichkeit (wenn man es so bezeichnen möchte). Es gab aber keine Grenzüberschreitungen mehr. Dennoch wurde mein seltsames Wegdriften in der Kommunikation wieder getriggert. Selbst in normalen Gesprächen - es brauchte nur einen bestimmten Blick von ihm - wurde mein Hirn extrem langsam und ich verstand nicht mehr, was er sagte, musste immer wieder nachfragen, konnte nicht antworten, hatte Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht, konnte meinen Körper nicht mehr richtig koordinieren. Mein Denken zersetzte sich, mine Wahrnehmung fuhr runter. Die Vorbereitung der feindlichen Übernahme. Gelernt, bevor meine Persönlichkeit sich überhaupt hatte ausbilden können.



Nach dem Rehab kam er zurück und schlug mir einen 3-Jahresplan vor, bei dem er das erste Jahr in den USA verbringen würde und seinen Master machen. Da unsere Kommunikation über die letzten zwei Monate während seiner Abwesenheit eine Katastrophe war (ich hatte ihn nicht ein einziges Mal erreichen können, er ignorierte mich wochenlang, dann rief er plötzlich an - sein Verhalten war komplett unberechenbar) und ich in dieser Zeit schon an den Rand des Suizids gekommen war, sagte ich, ich kann das nicht leisten. Er stürzte sich wieder in die Drogen, schrieb mir in seiner paranoiden Psychose, ich habe von Anfang an nur mit ihm gespielt. Es tat weh. Er las über die Nacht das ganze Buch Normal people durch, das ihm mal eine Freundin geschenkt hatte, und war überzeugt, ich habe es über uns geschrieben... Er merkte selbst, dass es von 2018 ist, aber das spielte dann auch keine Rolle mehr in seiner Logik. Es wäre witzig, wenn es nicht so wahnsinnig traurig wäre. Ich saß diesem Chat gegenüber und konnte nichts mehr antworten. Weil ich fühlte, wie ich nur noch mit ihm zusammen zerbrechen kann. Ich sagte ihm, er soll besser zurück in die USA gehen. Einen Tag später flog er ab, sagte, ich habe ihn nie geliebt. Wir hatten noch zwei Monate über Email Kontakt. Es war ein hin und her. Mal alles gut, dann plötzlich, dass er mir nie wird vertrauen können und es für immer vorbei ist, ich, die ihm das zuerst glaubte, dann es ihm aber nicht abnahm, woraufhin er dann antwortete mit einem "I never had so much fun as playing with you" - was mich sofort paranoid werden ließ. Leid und Angst steigerten sich ins Unermessliche bis zu dem Punkt, wo ich selbst so gestört wurde, dass ich meinen eigenen Suizid vortäuschte, um aus dieser Bindung rauszukommen. Wo ich bewusst Dinge sagte und tat, die so unverzeihlich sind, dass er nie wieder zurückkommt, selbst wenn ich ihn anflehe. Weil ich sicher war, dass es mein Leben kostet, wenn er das nächste Mal wieder in mein Leben tritt.

Natürlich kam ich nicht von ihm weg. Wenn ich es versuchte, bekam ich Herzrhythmusstörungen bis zu einem Punkt, wo ich einen Abschiedsbrief schrieb, weil ich nicht wusste, ob ich am nächsten Morgen aufwachte. Mein Herzrhythmus normalisierte sich erst wieder, als ich begann, ihm zu schreiben und er fängt auch jetzt noch an zu stolpern, wenn ich versuche, das Band zu kappen. Es gab nie eine Antwort auf die Mails und er hat sie wohl auch nie gelesen.

Vor einer Woche habe ich von seiner Schwester erfahren, dass er trinkt, vielleicht auch Drogen, sie kaum noch Kontakt hat zu ihm. Früher gab es immer wieder diese seltsamen Momente, wo ich überzeugt war, er wäre praktisch am Erfrieren und ihn unbedingt wärmen wollte. Ich verstand nie, wo dieses Gefühl herkam, das hatte ich nie mit jemandem, und er hatte sich immer geärgert darüber, weil ihm nicht kalt war. Im Winter trank er in seinem Auto bis in die Ohnmacht. Als Leute ihn fanden, war er schon beinah erfroren. Kaum noch Puls, Wochen im Krankenhaus, Zehen fast amputiert.

Drei Wochen nach ihm hatte ich, ohne davon zu wissen, meinen eigenen halben Selbstmordversuch mit einer Kombination von Substanzen, von der ich wusste, dass sie mich umbringen könnte - was sie auch beinah tat.

Als ich von seiner Schwester erfuhr, rief ich ihn an, wollte ins Flugzeug und hinfliegen. Er machte deutlich, dass ich in seinem Leben nichts mehr verloren habe. Unsere Geschichte ist vorbei. Was ich gewollt hatte - so schlimme Dinge tun, dass er nie wieder in mein Leben tritt, egal was ich tue - hat geklappt. Ich habe Blut an meinen Händen kleben. Das Blut des einzigen Menschen, den ich je wirklich in meine Welt gelassen habe. Wie lange er noch lebt, weiß ich nicht. Das Ende schreibt er allein, ohne Scheinwerferlicht.



Alles riskiert und alles verloren. Es kommt wohl immer darauf an, ob man das Gute riskiert wegen der Angst, oder ob man die Angst riskiert für das Gute.



Aufgrund der Vergiftung bin ich für nun an bis zum Ende meines Lebens drogenfrei. Es wäre einfach nur ein sehr kurzer und sehr hässlicher Weg in den Tod, Substanzen zu mir zu nehmen. Es geht ja nicht mal Kaffee. Psychisch oder körperlich - wenn man fast stirbt, ist das auch egal. Es ist auf jeden Fall real. Darum endet hier meine Drogenkarriere und damit auch der Tripbericht.

Ich habe mein ganzes Leben unbedingt wahre Liebe erleben wollen. Aber ich habe auch herausgefunden, dass in einer Welt, die so voller Angst und Leid ist, es sehr, sehr schwer ist, sie zu ertragen, wenn man sie dann gefunden hat. Die Hölle, in der man aufgewachsen ist, all die Verletzungen und all die Gewalt drücken in diese so zerbrechliche Welt ein, die man da miteinander erschafft. Bis man nichts mehr fühlt außer Angst und Horror.

Ich habe kein Bedürfnis mehr nach der romantischen Liebe. Ich habe erlebt, was es zu erleben gab und ich trage eine Schuld, für den Rest meines Lebens. Die Wahrheit fühlt man. Vorgestern bin ich wieder in meinem Traum verfolgt worden. Diesmal drehte ich mich zu meinen Verfolgern um; begriff, dass der Tod nur von außen grausam aussieht. Transformation. Verstand, dass es Zeit ist, mir anzuschauen, was mich umbringt. Sie standen an der Glasscheibe und waren im Begriff, sie zu zerstören. Ich legte meine Stirn dagegen und ließ es zu, dass sie zerbarst. Nichts trennte uns mehr, ich stand in der Dunkelheit, da war nur ihr Hunger. Keine Angst mehr in mir. Nur Wissen. Ich ging den letzen Schritt in ihre Mitte wo Hände mich an den Armen packten und meinen Körper zerrissen. Ich ließ ihn unter mir zurück, meine Seele glitt ins Licht. Ich habe noch nie eine solche Erlösung gefühlt, außer in den Momenten mit meinem Ex. Dieser Moment, wenn sich die Realität auflöst und man dahinterschaut. Tod und Frieden beginnen, einen Kreis zu schließen, und die Angst wird geringer, je weniger man klammert. Die Trauer heilt durch die Zeit, weil wenn alles ein Ende hat, hat auch alles einen Anfang.

Mein Leben werde ich nutzen, um zu helfen, die Welt zu einem sichereren Ort zu machen, in der Kinder aufwachsen, die lieben können ohne Angst.