Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Das Limit vor Augen
Drogen:Mischkonsum von Spice und Tabak (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Jeff Hardy
Datum:18.06.2012 15:28
Set:Etwas angespannt, aber im Grunde nicht schlecht gelaunt
Setting:Erst zu Hause (WG), dann Park
Nützlichkeit:8,45 von 10 möglichen   (20 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Vorwort: Dies ist mein erster Tripbericht, ich hoffe, ich werde ihn so unmissverständlich und umfassend wie möglich rüberbringen. Mein Mitbewohner und ich sind gelegentliche Kiffer, und es vor einigen Monaten, als uns mal eine Zeit lang das Gras einfach fehlte. Wir kannten und kennen nicht viele Dealer, weswegen wir eigentlich nicht wirklich oft Gras da haben. Da wir auch keinen Alkohol trinken (ausnahmslos), haben wir meines Erachtens ein recht "vernünftiges" Verhältnis zu Drogen. Irgendwann erfuhr mein Mitbewohner (nennen wir ihn K) durch einen Bekannten von Räuchermischungen im Internet. Spice. Und da wir ja kein Gras hatten, aber ziemlich Lust auf Rausch hatten, bestellte er sich eine Packung "OMG Premium Incense". Wir probierten das Spice ab und zu aus, meist ohne große Vorkommnisse, es war für uns eher wie ein intensiveres Kiffen welches etwas länger anhielt. Ich hielt Spice für ungefährlich, es machte mir auch nichts weiter aus. Freunde, denen ich davon erzählte, waren skeptisch, da sie schon ganz andere Geschichten über diese legale Drogen hörten, doch ich dachte mir, dass niemand außer mir in der Lage ist, mein Konsum und meine Toleranzgrenze zu beurteilen. Dass Spice aber im Prinzip eine chemische Droge ist, die nur deswegen legal ist, weil man aus ihr Kapital schlagen kann, in dem sie als Duftmischung verkauft wird, das ignorierte ich absichtlich. Spice steht im Prinzip für einige Dinge, die in unserer Gesellschaft falsch laufen. Genau das sollte ich am eigenem Leibe erfahren, an jenem Abend...

Es ist ein ruhiger Freitagabend im Frühling, eine etwas anstrengendere als sonst Woche liegt hinter mir. Am nächsten Morgen musste ich schon in der Frühe aufstehen, da ich einen sehr wichtigen Termin im Rahmen meines Ehrenamtes hatte, also beschloss ich, nicht mehr auszugehen, und einen Abend zu Hause zu verbringen. Auch K war dafür, und da wir noch Spice hatten, beschloss er, diesen ruhigen Abend noch würdig zu umrahmen. Ich legte mich aufs Bett und beobachtete K beim Drehen des Joints, während meine Gedanken sich um den morgigen Tag drehten. Es gab zuletzt einige Komplikationen in meinem Ehrenamt, was mich sehr stresste, und leider bin ich der Typ Mensch, der sich sehr schwer damit tut, negative oder belastende Gedanken einfach wegzuschieben. Wir saßen auf meinem Fensterbrett und ich redete mit K, aber eher geistesabwesend, während der Joint immer zwischen uns beiden wechselte. Und noch während ich mir Gedanken über die morgige Versammlung machte, spürte ich schon die altbekannte Wirkung des Spice. Es war mir mal wieder so, dass ich auf einem Punkt saß, und plötzlich wie durch einen Tunnel schieße, wobei ich gar nicht genau weiß, in welche Richtung. Der Tunnel entsteht genau an dem Ort an dem ich sitze und verschlingt mich - ob ich es will oder nicht. Doch das war ich inzwischen ja auch gewohnt, von daher dachte ich mir nix dabei. Als der Joint aus war gingen wir zurück in mein Zimmer, und während K etwas Wassereis holte, drehte ich die Musik auf und der pochende Bass des Goa hämmerte sich in meinen Körper.

Und ich fing an zu tanzen. In meinem Zimmer. Das mache ich öfters, also kein Grund zur Beunruhigung bis hier hin. Die Musik ergriff abermals Besitz von mir, ließ mich hampeln und zappeln wie eine Marionette, doch es war sehr spannend, wie akurat und melodisch ich in diesem Zustand meinen Körper bewegen konnte. K erschien wieder und wir setzten uns auf meinen Teppich, schlürften beide ein Wassereis, genossen den Moment. Da war es noch nicht mal um Acht.

Dann geschah es. Ohne Vorwarnung, das machte es so unheimlich: Es war, als würde mir nach und nach der Sauerstoff aus dem Körper gesaugt werden. Mir wurde, ohne das ich es wirklich bemerkte, schwindlig und ich bekam Herzrasen. Das hatte ich noch nie erlebt, weder vom Cannabis, noch vom Spice. Ich blickte schnell zu K, um zu sehen, ob es ihm genau so ging, doch die Tatsache, dass er vergnügt und seelenruhig sein Wassereis aß beunruhigte mich nur noch mehr: Ist das normal? Bin ich normal? Geht es mir gut? Bin ich in Gefahr?

Die letzte Frage war der springende Punkt. Plötzlich merkte ich, dass ich unbedingt raus musste. Das ich es drinnen nicht mehr aushielt, obwohl das Fenster offen war, fühlte ich mich, als hätte ich noch nie in meinem Leben geatmet. Und dann immer diese hämmernden Fragen im Hinterkopf: Was, wenn ich jetzt umfalle? Was, wenn dieser Trip einer zu viel war? Scheiße.
Ich sprang auf, alles, was ich mir noch schnappen konnte, war mein Handy und der Schlüssel zur Wohnung, ich bat K (der völlig überrascht, beinahe erschrocken von der Prozedur war) mitzukommen, was er auch tat, wenn auch etwas langsamer als ich. Denn ich musste unbedingt raus aus meinem Zimmer. Noch in Sandalen, die eigentlich meine Hausschuhe sind, verließen wir das Haus und für einen ganz kurzen Moment spürte ich den Sauerstoff, und er gab mir kurz etwas Kraft, doch schon im nächsten Moment merkte ich, wie meine Gliedmaßen schwächer wurden und ich immer undeutlicher sehen können. Ich rannte. Das nächstgelegene Ziel was mir einfiel war der Park, direkt gegenüber von unserem Häuserblock. Ich war schon als der Straße, als K die Haustür verließ. Später erzählte er mir, dass er Angst hatte, ich würde auf der Straße nicht aufpassen und überfahren werden. Ich wusste, mir ging diese Angst auch durch den Kopf, doch die Angst um meinen Körper und Geist in diesem abnormalen Drogenzustand beängstigte mich sogar mehr. Ich rannte also in den Park, fand sehr schnell eine recht verlassene, aber schöne Wiese, legte mich hin, versuchte mich zu beruhigen, was illusorisch war. Ich wusste nur eins ganz rational und sicher: Das ist das absolute Limit. Mehr vertrage ich nicht, nie wieder Spice. Das ist einfach zu viel.

K erschien ungefähr fünf Minuten nach mir, hockte sich zu mir, fragte was los sei. Ich musste seine Hand nehmen, brauchte einen Bezug zur Realität, fand ihn in der Anwesenheit einer mir vertrauten Person. Mit all meiner verbliebenen Rhetorik machte ich im deutlich, dass mich das Spice ganz schön abgeschossen hatte. Er redete ruhig auf mich ein, machte mir klar, dass das passieren kann, ich mir keine Sorgen machen muss und dass dies schon vielen passiert ist. Diese Worte waren in dem Moment wie die Offenbarung, ich verstand, ließ ihn los und konzentrierte mich darauf, dass alles wieder gut wird, dass ich einen starken Verstand habe, gesund bin und mein eigentlich recht angenehmes Leben nicht durch so einen lächerlichen Spice-Trip gefährdet wird. Ich kämpfte nun im Prinzip gegen den Trip, one on one. Wir liefen durch den Park, was gerade noch so ging. Mir wurde sehr kalt, doch ich spürte, dass ich ganz langsam runterkam, zumindest psychisch (da das Herz immer noch raste, die Hände zitterten und die Beine schwach waren). Wir kamen an eine Ecke in den Park, wo ich mich niederlassen musste. Ich schloss, die Augen öffnete sie aufgrund eines unheimlichen Schwindelgefühls aber recht schnell wieder, fixierte den Himmel, die Wolken formierten sich neu.

Alles war anders. K machte das alles geduldig mit, versuchte mich mit Geschichten abzulenken. Zwar hörte ich aufmerksam zu und konnte auch sogar wieder eine Konversation starten, doch im Himmel flogen nun tatsächlich Bibors. Ja, tatsächlich, ein Schwarm von Bibors, dieses unbeachtete bienenartige Pokemon aus der ersten Generation flog durch die Luft. Zwar schienen die Bibors von mir nicht Notiz zu nehmen, aber sie sahen mir doch sehr bedrohlich aus, weswegen ich weitergehen musste. K erzählte ich nix von den Bibors. Ich sah sie auch dann nicht mehr, worüber ich sehr froh bin. Das war auch schon die einzige Halluzination die ich hatte, abgesehen von einer Statur im buddhistischen Stil, die plötzlich anfing zu laufen, wenn ich sie länger als eine Sekunde betrachtete. Bloß raus aus dem Park sagte ich zu K, auch wenn die frische Luft die beste Entscheidung war, die ich an dem Abend treffen konnte.

Als wir wieder am Hauseingang waren fiel mir auf, dass sich der Trip verändert hatte und ganz langsam nachließ. Wir gingen zurück in mein Zimmer. K und ich sind große Fans der ZDF Heute Show, einer Polit-Satire. Ich legte mich aufs Bett, K starte eine uns unbekannte Folge und während ich so da lag fing ich an den Trip zu reflektieren (völlig idiotisch, da ich ja noch im Rausch war). Auch wenn ich eigentlich am runterkommen war, stellte ich mir nun die Frage, ob Spice tödlich sein kann. K und ich waren uns eigentlich einig, dass dies nicht funktioniert, doch da war sie wieder, die nervige Stimme in meinem Hirn, die unangenehme Sachen nicht einfach ausschalten kann. Und diesmal drohte sie mir mit dem Tod, was ziemlich unheimlich war. Doch zu meiner Erleichterung konnte ich mich alsbald auf die Heute Show konzentrieren, auch wenn da immer noch dieses unangenehme Gefühl des Horror-Trips da war, doch es verschwand mehr und mehr. Als die Sendung zu Ende war, wollte ich schlafen. Ich bat K noch etwas Musik anzumachen und eine Zigarette mit mir zu rauchen. K erstellte mir eine Playlist bestehend aus den Beginnern, Jamie Cullum und Norah Jones. Letztere wurde von Shuffle zuerst gespielt, und während ich im Bett lag, Norah Jones’ unglaublich schöne und angenehme Jazz-Musik durch den Raum hallte und mit K ein Kippe qualmte, da fiel mir auf, dass es vorbei war. Ich war wieder auf dem "Cannabis-Level" angelangt. Der Horrortrip war beendet, ich hatte ihn besiegt. Dieses unglaublich schöne Gefühl der Erleichterung und dieser absolut perfekte Moment war schlichtweg beeindruckend erfüllend. War es das am Ende sogar wert?

Schwierige Frage. Fest steht, dass der darauffolgende Schlaf der Beste seit langer Zeit war. Ich hab seit diesem Abend nie wieder Spice geraucht, habe auch nicht vor, es jemals wieder zu tun. Es wäre aber töricht, nur die negativen Seiten des Trips zu sehen, da dass Runterkommen, wie gesagt, eine Wohltat war und dieser Trip die sowieso schon sehr enge Freundschaft zwischen K und mir nochmal gestärkt hat.
Das einzige, was mich etwas stört, ist die Tatsache, dass ich seit dem Trip manchmal beim Kiffen von Cannabis (bei Hasch seltsamerweise nicht) kurze Flashbacks habe. Die vergehen aber meist nach ein paar Minuten, angenehm sind sie trotzdem nicht, zumal Cannabis ja die einzige Rauschdroge ist, die ich nehme.

So, ich danke Euch, falls Ihr bis hier her mitgelesen habt. Hoffe, Euch hat der TB gefallen. Falls ja, dann gebt mir Feedback. Falls nein, gebt mir bitte auch Feedback. :-) Passt auf Euch auf. (Und auch wenn es plakativ klingen mag: Versucht nach Möglichkeit die Finger von Spice zu lassen. Wirklich.)