Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Skepsis und Dankbarkeit
Drogen:Hawaiianische Baby-Holzrose
Autor:Minotauros
Datum:05.02.2013 03:47
Set:normal-positiv,skeptisch, neugierig
Setting:winterlicher Wald, Elternhaus
Nützlichkeit:8,78 von 10 möglichen   (27 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Update 11.02.13: Hab jetzt noch ein paar der Seiten die ich (wie erwähnt) wärend des Trips beschrieben habe gescannt und am Ende verlinkt.



Zuerst möchte mich mich noch kurz bei allen bedanken, die einen Bericht über ihre Trips geschrieben und veröffentlicht haben. Ich hätte sonst keine Möglichkeit gehabt, mich auf meine eigenen vorzubereiten.



»Inebriate of Air—am I—

And Debauchee of Dew—«

Emily Dickinson



Der Trip von dem ich euch berichten möchte hat am 26. Januar 2013 stattgefunden und war mein zweiter mit Babyholzrosen-Samen.

Der erste war mit nur 3 Samen als Einstieg gedacht und hatte mich - obwohl er nicht die ganze Zeit angenehm war – neugierig gemacht. Kurz gesagt hatte ich beim diesem ersten Trip die meiste Zeit gelesen oder Musik gehört und war fasziniert wie ich meine Gefühle sehr exakt in verschiedene Richtungen lenken, und wie empfindlich ich auf die Atmosphäre des Buches und der Musik reagierte. Dabei blieb es dann aber auch.

Neben LSA hatte ich nur Erfahrungen mit Cannabis und Trüffeln. Dementsprechend waren meine Erlebnisse mit Drogen bis dato weniger spirituell als eine Art Unterhaltung oder um meine Neugier zu befriedigen, und ich würde mich selbst -besonders bis dahin - auch nicht gerade als spirituell beschreiben.



Die Samen hatte ich im Internet bestellt und schon ein paar Tage bei mir daheim liegen, da ich noch auf den richtigen Moment warten wollte. Für diesen Tag hatte ich mich mit meiner besten Freundin Nadja verabredet, ein paar Stunden wandern zu gehen. Ich wohne am nördlichen Rand des Schwarzwaldes, draußen war es entsprechend der Jahreszeit kalt aber trocken und es lag eine geschlossene Schneedecke auf den Wegen und Bäumen.

Darüber war ich allerdings nicht ganz glücklich, denn Schnee war bis vor diesem Trip für mich eindeutig negativ besetzt: Seitdem ich mit 13 von der Franklin-Expedition gelesen hatte, habe ich mich vor Leichen, insbesondere in Verbindung mit Kälte, gefürchtet (nachts nicht in den Keller usw.) und von Schnee eher Abstand gehalten. Trotz diesen Vorbehalten habe ich mich entschieden, es auszuprobieren, weil ich mich sowohl beim Wandern als auch in Gegenwart von Nadja immer gut fühle.



Nachdem ich schlecht und wenig geschlafen hatte, bin ich um 10:30 mit leichten Kopfschmerzen aufgestanden und habe mich schnell fertig gemacht, weil ich um 12:00 bei ihr sein wollte. Nachdem ich mich angezogen hatte, habe ich ein Weckchen gegessen und viel Wasser getrunken, um die Kopfschmerzen loszubekommen.

Um 11:00 habe ich fünf Samen für zwei Minuten in Wasser gelegt, um den Pelz besser abkratzen zu können. Ich lief sofort los und kaute während den ersten 20 Minuten auf den Samen. Um etwas Energie für den Tag zu haben – und natürlich um den Geschmack aus dem Mund zu bekommen – aß ich danach eine Orange und ein weiteres Weckchen und trank noch mehr Wasser.

35 Minuten nachdem ich angefangen hatte zu kauen fühlte ich eine zunehmende Anspannung und unangenehmes Gefühl im Bauch sowie leichte Übelkeit. Meine Laune verschlechterte sich, ich war etwas brummelig.

Allerdings wusste ich vom ersten Mal, dass ich meine Laune beeinflussen konnte. Nach jedem positiven Gedanken ging es mir auch sofort wieder gut! Nur wollte es nicht lange anhalten: Dieses hässliche Gefühl im Bauch zog mich ständig wieder runter. Meine Gedanken ins Positive zu lenken fühlte sich so mühsam an, wie beim Schwimmen den Kopf über Wasser zu halten wenn man eigentlich viel zu erschöpft ist.



Nach einer weiteren Stunde, um ca. 13:00, kam ich bei Nadja an.

Sofort war meine Verstimmung verschwunden und ich spürte eine wärmende Freude in mir. Reden war mühsam, als ob ich ich betrunken wäre: Ich fühlte mich beschwingt, musste mich aber anstrengen um mich klar zu artikulieren.

Weil Nadja nicht geschlafen hatte und weil ich eigentlich nur noch ca. zwei weitere Stunden laufen wollte anstatt fünf beschlossen wir, dass ich auf einem anderen Weg wieder nach Hause laufen würde, während sie sich hinlegte und später bei mir vorbeischauen würde.

Sobald ich ihr Haus verlassen hatte bemerkte ich, wie gut meine Laune eigentlich war.

Wegen dem vielen Schnee nahm ich nicht den anderen Waldweg zurück, sondern ging zuerst auf der Straße, bis ich über dem Berg war.

Solangsam fing ich an wie blöd zu grinsen, für ca. 15 Minuten fühlte ich eine gewaltige Euphorie in mir und dirigierte mit einem imaginären Taktstock das Klavierkonzert Nr. 1 von Tschaikowsky vor mich hin, obwohl ich sonst kein Klassikfan bin.

Fußgänger schienen mir aus dem Weg zu gehen. Das war aber, glaube ich, eher Zufall.



Irgendwann kam ich durch das Dorf, in dem mein bester Freund als Kind heute wohnt. Plötzlich erinnterte ich mich an zahlreiche Kindheitserlebnisse im Schnee: das Übliche, wie z.B. Schlittenfahren mit Freunden, mit meinen Großeltern spazieren im Schnee als kleines Kind, das Gefühl verfroren zu sein und sich zu Hause aufzuwärmen. Während der nächsten 45-60 Minuten lies die Euphorie etwas nach, gleichzeitig wurden meine Gedanken und Erinnerungen klarer und ich konnte mich besser auf sie konzentrieren. Es fühlte sich an wie ein Tauchgang, denn die Erinnerungen fühlten sich sehr real an.

Weil ich so guten Zugriff auf meine Erinnerungen hatte realisierte ich, wie großartig der Raum war, den mir die Natur geboten hatte: Ich hatte immer nahe am Wald gewohnt, und weil ich dort immer ungestört war hatten alle meine prägenden Erlebnisse und "ersten Male" im Wald stattgefunden: vom Klettern und Verletzungen mit der absoluten Reinheit der Wahrnehmung unter Adrenalin und Schmerzen über die ersten Zigaretten (damals natürlich der absolute Wahnsinn) und späterJoints bis hin zu sexuellen Erfahrungen.

Dass die Natur mir diesen Raum für Erfahrungen und Freiheit geboten hatte, war mir bis dahin nicht wirklich so bewusst klargewesen.

Um 14:00 kam ich an einer Hütte an. Ich war zwar sehr glücklich, fühlte mich aber erschöpft und müde. Weil ich Angst hatte, daheim sofort einzuschlafen und alles zu vergessen, wollte ich mir selbst eine Art Notiz machen. Weil ich keinen Stift dabei hatte, ritzte ich in eine Orange das Wort "Wald".

Etwas weiter auf dem Heimweg setzte ich mich auf eine Bank und sah mich um:

Der Eindruck erinnerte mich an Trüffel: Die Wolken sahen extrem plastisch aus. Das Sonnenlicht, das hindurchschien, war ein wenig in die einzelnen Farben aufgebrochen und der Schnee glitzerte wie Diamanten.

Passanten sahen mich schon an, obwohl ich mich nicht unbedingt danebenbenahm oder starrte. Ich finde es traurig, dass intensive Betrachtung schon von der Norm abweicht...

Jedenfalls freute ich mich sehr über die Schönheit fühlte mich durch und durch dankbar dafür.

Plötzlich bemerkete ich, dass Schnee seine negative Bedeutung für mich abgelegt hatte. Genau in diesem Augenblick schälte sich Vogelgezwitscher aus der Masse von Hintergrundgeräuschen, die man sonst nicht bewusst hört. Zudem wurde ich mir des Sonnenscheins auf meiner Haut bewusst und sah auf einmal ein paar Grashalme, die aus dem Schnee herausragten.

Besonders die Wärme der Sonne auf meiner Haut fühlte sich an wie Frühling.



Doch da fing ich auch an zu zweifeln:

Warm konnte es mir beim besten Willen nicht sein, außerdem hatte ich kaum etwas getrunken und so gut wie nichts gegessen. Ich konnte mich körperlich garnicht so gut fühlen. Ich beschloss lieber die Rest des Weges nach Hause ins Warme zu laufen.

Beim Aufstehen musste ich sauer aufstoßen, ähnlich wie bei zu viel Alkohol. Außerdem bemerkte ich, dass ich zu lange in die Sonne geschaut hatte. Ich bezweifelte die Gutmütigkeit der Substanz, ich fühlte mich ein wenig belogen.

Kurz bevor ich auf Straße kam traf ich noch einen Fußgänger, der äußerst nett war, worüber ich mich unglaublich freute.

Um 13:00 kam ich zu Hause an, sonst war nur mein Bruder im Haus. Das Muster und die Farben der Fliesen nahm ich sehr intensiv war, wieder wie auf Trüffeln. Ich benahm mich wie leicht betunken: Ich wollte nicht, dass man mir etwas anmerkte und versuchte deshalb, alles richtig zu machen, dabei überkompensierte ich.

Ich redete kurz mit meinem Bruder, ging aber gleich wieder weil mir das Reden immernoch schwerfiel. Nachdem ich etwas Wasser getrunken hatte packte ich mich in meinem Bett in zwei Decken ein. Ich fühlte immernoch eine starke Dankbarkeit für die Natur und darüber, dass sie so schön und für mich da ist.

Immer mehr überwog die Skepsis: Die nächste halbe Stunde lang schrieb ich manisch mit einem Edding meine Gedanken auf, dazwischen torkelte ich in meinem Zimmer oder sackte mit meinem Überkörper über den Blättern zusammen.

Vor allem ging es darum, ob die Substanz mir die Wahrheit zeigte oder mir eine Lüge auftischte. Ich fühlte einen Widerspruch zwischen meiner aktuellen Wahrnehmung und der "normalen" Realität und wusste nicht, welcher Seite ich Glauben schenken sollte.



Meine Gedanken verwirrten sich zunehmend: Mir erschienen Wahrheit und Lüge immer weniger als gegensätzliche Konzepte. Ich hatte den Eindruck, die beiden seien verbunden: Eine Maske hat eine Außenseite - wie ein bemalter Positivabdruck eines Gesichtes. Und sie hat einen Innenseite - ein unbemalter Negativabdruck. Trotz der Gegensätzlichkeit bilden die beiden Seiten ein einziges Objekts, die Existenz des einen ermöglicht und bedarf der Existenz des anderen.

Neben diesen Gedanken empfand ich die Realität als viele Schichten von parallelen Dimensionen, die sich auseinanderzogen und wieder zusammendrückten wie ein Akkordeon.

Meine Gedanken kreisten für eine Weile um das Thema Wahrheit/Lüge und mich beschlich langsam ein Verdacht: Die Substanz gab mir den Eindruck, Wahrheit und Lüge gehörten zusammen. Und das war entweder wahr oder gelogen. Welche Möglichkeit hatte ich aber herauszufinden, welches von beiden es war? Beides war (oder schien mir in dem Moment) völlig untrennbar: Ich glaubte immer fester, dass es keinen Unterschied zwischen beiden gebe.



Meine Gedanken rasten und ich schweifte ständig ab. Pausenlos fielen mir Autoren ein, die ich auf einmal total gut zu verstand: Ich musste z.B. an Stellen aus der Bibel denken, an Dickinson, die mit ihren Naturgedichten verdammt recht hatte und an Foster Wallace, der mit seiner inneren Sehnsucht nach Authentizitätauch genau mein Thema traf, das so wichtig schien.

Ich selber fühlte mich dabei sehr im Mittelpunkt aller Überlegungen und schrieb mir impulsiv mit dem Edding "Gott" auf den Bauch.



Mittlerweile war es ca. 15:45 und ich fühlte mich ziemlich erschöpft. Musik war generell ziemlich geil, und ich wollte etwas entspannen und den Trip genießen. Mein Kopf war mehrmals auf die Schreibunterlage aufgeschlage und ich hatte leichte Kopfschmerzen.

Also beschloss ich etwas Musik zu hören und zu entspannen: Ich schaltete das Licht aus und entschied mich für "The Doors" - mein Lieblingsalbum von den Doors.

Es war, als ob die Lieder für mich persönlich geschrieben worden wären: Ich verstand die Texte völlig, und sie bezogen sich auch alle auf mich. Es schien mir als ob die Gedanken bereits in meinem Kopf wären und die Texte mich darauf ansprechen würden, und nicht dass die Texte Gedanken in meinen Kopf setzen würden.

Nach 20 Minuten schlief ich ein.



Als ich um 19:30 wieder aufwachte war der Trip großteils vorbei. Ich war tief dankbar für die Erfahrung, die Erkenntnisse und eigentlich für alles. Ich ging ins Bad um mich zu duschen und fühlte mich dankbar für die Seife im Bad, dass sie meine Hände wusch, für meine Zähne, dass sie mein Essen zerkleinerten usw. usw.





Vor diesem Erlebnis hätte ich nicht gedacht, dass Trips mich verändern oder mir Erkenntnis schenken könnten.

Den wirklichen "Inhalten", vor allem die Einheit von Wahrheit und Lüge, stehe ich immer noch mit Vorsicht gegenüber. Und natürlich war mein Dankbarkeitsgefühl nicht immer ganz angebracth.

Seitdem denke ich trotzdem über Wahrheit/Lüge nach und gebe mir Mühe mich auf das Gefühl der Dankbarkeit zu konzentrieren wenn ich es empfinde, und auch auszudrücken. Ich denke in meinem Egoismus sehe ich manchmal alle Dinge und Personen um mich herum viel mehr als Hindernisse denn als Helfer.





Zum Schluss noch die Seiten wie oben versprochen. Papier und Edding waren genau das Richtige in dem Moment.



Am Anfang hatte ich das Bedürfnis die Gedanken der Wanderung irgendwie festhalten (wie bei der Orange):

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Dann kam das Misstrauen mehr und mehr durch:

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Gegen Ende beschlich mich kurz die Angst, nicht mehr "aufzuwachen". Ich konnte mich aber durch gezieltes Denken aber selbst beruhigen. Auch dafür war das Schreibmaterial wirklich geeignet, weil ich meine Gedanken ein wenig besser lenken konnte, indem ich mich aufs Schreiben konzentrierte, anstatt nur herumzutreiben.

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Und noch ein Beispiel dafür, dass ich viel an Literatur und Philosophen denken musste.

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