Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Wo ist der richtige Platz?
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:Idwets
Datum:27.06.2015 15:44
Set:Vorfreude, Anspannung, gute Laune
Setting:allein, sonniger Sommertag, in der Natur, zu Hause
Nützlichkeit:8,31 von 10 möglichen   (16 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Zunächst möchte ich ein paar Worte zu mir loswerden. Ich bin männlich, 28 Jahre alt, sowohl physisch als auch psychisch gut konstituiert und sehr offen für neue Dinge. Ich lebe in einem sehr gefestigten Umfeld. Ich stehe in einem guten Verhältnis zu meinen Mitmenschen, habe einen guten Job und wohne gemeinsam mit meiner Freundin und einer weiteren Person in einer tollen WG.

Leider gibt es dennoch einige Dinge, die mir etwas zu schaffen machen. Mein Arbeitsumfeld ist nicht sonderlich ideal. Der Job für sich genommen ist spitze, jedoch arbeite ich an einem Außenstandort und fühle mich dadurch häufig etwas ausgegrenzt bzw. bin nicht in der Lage, mein volles Potenzial auszuschöpfen. Daraus resultiert auch die ständige Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, den Wohnort zu wechseln.
Um es vorweg zu nehmen: Mein Trip ist zu einem echten Sinnbild dieser Frage mutiert.

Setting und Trip:
Es ist Freitag. Die Sonne scheint. Ich habe mir heute frei genommen. Ich habe meinen Rucksack mit einer Decke, etwas Saft, einigen Früchten, zwei Becher Joghurt, einem Buch, Papier und Stiften gepackt. Kurze Hose, ein luftiges Hemd und die Wanderstiefel geschnürt –es ist 10:00 Uhr vormittags und ich wandere los. Ein genaues Ziel habe ich mir nicht gesteckt. Ich wandere durch ein Stück Wald, über einige Feldwege bis hin in einem großen Obsthain. Ein sehr malerischer Ort. Ich suche einen schattigen Platz abseits des Weges und lasse mich auf meiner Decke nieder.

Im Gepäck befindet sich ca. 1g getrocknete und fein gehackte Psilocybe cubensis. Ich habe vor, alles zu konsumieren. Der Respekt vor einem zu schnellen Anschwellen der Wirkung bewegt mich allerdings dazu, meinen ersten Joghurt nur mit ca. 2/3 der Menge zu dekorieren. Ich blicke auf die Uhr – Punkt 11:00 – na dann hauen wir mal rein. Nach dem Verzehr widme ich mich eine Weile meinem Buch. Etwa 10 Seiten habe ich geschafft, bis meine Konzentration deutlich nachlässt. Ich blicke in die Ferne und stelle eine leicht verschobene Wahrnehmung fest. Alles scheint viel weiter entfernt. Ich stehe auf, um mein Körpergefühl zu erkunden. Bereits jetzt stelle ich eine sehr angenehme Leichtigkeit fest. Nach einer kurzen Pinkelpause lege ich mich wieder auf meine Decke, lasse die Blicke schweifen und genieße den seichten Wind, der das Gras und die Bäume um mich in ein behutsames Schwingen versetzt.

Plötzlich stelle ich fest, dass ich etwas Wichtiges zu Hause vergessen habe (worum es sich handelt, spielt an dieser Stelle keine Rolle). Es ist mittlerweile 12:00 Uhr und ich beschließe, noch einmal kurz nach Haus zu gehen und meine Tour dann fortzusetzen. Bis dorthin sind es ca. 2,5 km Fußmarsch. Und wieder nehme ich gern etwas vorweg: Es wird lange dauern, bis ich zu Hause ankomme.

Bevor ich aufbreche, gönne ich mir den zweiten Joghurt und damit auch den Rest der Deko. (Im Nachhinein betrachtet halte ich diese gestaffelte Dosierung nicht für sonderlich vorteilhaft. Die seichte Übelkeit hat mich dadurch über einen Großteil des Trips begleitet. Das hat mich nicht unbedingt negativ beeinflusst, mich jedoch einige Male von den schönen Seiten abgelenkt.) Ich packe meine Sachen, zupfe mir das Hemd zurecht und setze meine Wanderung fort. Es macht sich das erste Mal richtige Euphorie breit. Ich fühle mich wie ein echter Wandersmann und stolziere singend auf einen Wald zu.

Im Wald entfaltet sich die Volle Wirkung des ersten Joghurts. Es ist unbeschreiblich schön. Durch das Blätterdach funkeln die Sonnenstrahlen. Das saftige Grün der Bäume entzückt mich. Der schnurgerade Waldweg erstreckt sich vor mir wie ein schimmernder Tunnel, der mir den direkten und wohl behüteten Weg nach Hause weisen will. Alles wirkt leicht plastisch. Besonders bemerkenswert finde ich die Art, wie sich unterschiedlich weit entfernte Dinge beim Laufen gegeneinander verschieben. Hinzu kommen leichte Optics beim Fokussieren von Dingen. Wenn ich auf den Waldboden blicke, entfernt sich dieser immer weiter. Betrachte ich Dinge aus direkter Nähe, verringert sich die Tiefenschärfe fortlaufend, sodass es scheint, als würde sich die betrachtete Sache gänzlich von ihrer Umwelt abkapseln und sich nur darauf konzentrieren, von mir betrachtet zu werden. Es ist herrlich hier. Aber ich habe mir ein Ziel gesetzt und dieses möchte ich auch erreichen.
An jeder Gabelung muss ich mein Handy zücken. Die Orientierung hat doch stark nachgelassen. Aber ich finde mich gut zurecht. An einer Gabelung lasse ich mich auf einem Baumstamm nieder, um etwas zu trinken. Ich blicke um mich und entdecke einen Baumstumpf, auf dem kleiner Trieb wächst. Ein prächtiges Spiel von Licht und Schatten umringt ihn. Plötzlich wandert ein grünlich schimmernder Käfer darüber. Er funkelt im Sonnenlicht und überquert die Blätter des Triebes mehrfach ohne erfindliches Ziel. Ein tolles Schauspiel. Nur für mich und so unendlich friedlich. Ich schaue auf die Uhr und erschrecke kurz. 12:50 Uhr – diese Zeit habe ich doch schon vorhin abgelesen. Mir schießt es durch den Kopf: „Na prima…das Zeitgefühl wäre damit wohl futsch.“

Wieder zupfe ich mich zurecht und setze meinen Weg fort. Mehr und mehr genieße ich die friedliche und wunderschöne Natur um mich herum. Schließlich bewegt mich die Euphorie dazu, von meinem ursprünglichen Plan abzulassen (Wer hätte das nur kommen sehen?). Ich beschließe, mir erneut einen Platz zum Niederlassen zu suchen. Mit dieser Entscheidung beginnt der Mindtrip meine Reise zu dominieren.

Ich empfinde es als unangenehm, meine Decke direkt im Wald auszubreiten. Daher mache ich mich auf die Suche nach einem Platz, der in etwa dem Startpunkt meiner Reise entspricht (dem Obsthain). Getrieben von diesem sich immer stärker manifestierendem Idealbild verlasse ich den Wald. Ich spüre, wie der Pilz langsam die Oberhand gewinnt. Jedes Mal, wenn sich das Raumgefüge um mich verändert (z.B. aus dem Wald aufs freie Feld), verspüre ich einen heimtückischen Seitenhieb des Pilzes. Es fühlt sich an, als würde ich auf einer anderen Ebene meiner Existenz vermöbelt. Ich verspüre keine Schmerzen. Es ist auch nicht sonderlich unangenehm. Aber ich stelle fest, dass nicht alleine ich derjenige bin, der hier entscheidet, wo es lang geht. Ich such mir in meinem Blickfeld immer wieder Orte aus, die meinem Idealbild zumindest aus der Ferne entsprechen. Dabei wandere ich über trockene Felder und staubige Wege. Der Weg kommt mir beschwerlich vor. Angestrengt und schweißgebadet muss ich ein ums andere Mal feststellen, dass mein Idealbild nicht erfüllt werden kann. An jedem Platz wiederstrebt mir etwas in der Umgebung. Sei es die Temperatur, das zu hohe Gras, die Anordnung der umliegenden Bäume – kein Platz fühlt sich wirklich richtig an.

Ich begreife immer mehr Parallelen zwischen diesem ewigen Suchen nach meinem idealen Platz und meiner aktuellen Lebenssituation. Es fühlt sich nie vollständig an. Irgendetwas fehlt immer. Die Fragen in meinem Kopf häufen sich. Was fehlt mir? Warum fehlt es mir? Was hält mich davon ab, es zu erreichen? Muss ich sämtliche Ideale erfüllen? Natürlich spreche ich hier nicht von materiellem Käse. Geld spielt in meinem Leben glücklicherweise eine untergeordnete Rolle. Antworten kann ich keine finden. Ich glaube, es liegt in erster Linie daran, dass ich es gar nicht in Worten ausdrücken kann, was mir tatsächlich fehlt.

Ich bin mir bereits vor meiner Reise bewusst gewesen, das mein Leben noch nicht vollständig ist und natürlich geht es vielen Menschen so. Aber erst der Pilz hat mich mit diesem Umstand konfrontiert und mich dazu aufgefordert, mich diesen Fragen ernsthaft zu stellen.

Angestrengt durch diese Auseinandersetzung und die körperlichen Strapazen meiner Suche beschließe ich nun doch mein ursprüngliches Ziel zu verfolgen.
Je näher ich mich meinem zu Hause komme, umso mehr verfliegen die Gedanken an die offenen Fragen. Ich kann wieder die Schönheit der Dinge um mich herum genießen. Angekommen – es ist mittlerweile 15:30 Uhr, entschließe ich mich zu einer warmen Dusche. Eine spitzenmäßige Idee. Anschließend werfe ich mich im lichtdurchfluteten Wohnzimmer aufs Sofa, lege eine Beatles-Platte auf und genieße die langsam abklingenden Optics und die anschließende Landung.

Ein bisschen matschig in der Birne und mit leichten Kopfschmerzen endet diese wertvolle Erfahrung.