Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Wandmäuse und Paranoia - Schlaftabletten!
Drogen:Benzodiazepine
Autor:smoking caterpillar
Datum:03.07.2007 04:39
Set:Experimentierfreudig und leicht genervt.
Setting:Alleine im musikuntermalten Zimmer.
Nützlichkeit:7,64 von 10 möglichen   (28 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Endlich ausschlafen! Nach meinem überraschend erfolgreichem Schulabschluss waren dies meine ersten Worte, die ich freudig gen Himmel sprach. Endlich den Morgen ignorieren und den Mittag zu meiner neuen Aufwach-Zeit machen. Voraussetzung war natürlich das, zugegebenermaßen späte, einschlafen während der Nacht. Doch da sollte ich mich zu früh gefreut haben.

Schon in den Tagen vor meinem Abschluss hatte ich starke Schlafprobleme. Ich schenkte ihnen keinerlei Beachtung, da ich wegen der bevorstehenden Abschlussfeier sowieso ziemlich aufgeregt war, und die Schlafprobleme daher rührten, redete ich mir zumindest ein. Einen Tag vor der Feier kaufte ich mir rezeptfreie Schlaftabletten in der Apotheke (dort traf ich zufälligerweise meinen Lehrer; gekonnt ignorierten wir uns), zumindest wollte ich ein mal im Schuljahr ausgeschlafen sein. Die Tabletten verfehlten ihre Wirkung nicht.

Doch in der Zeit nach der Feier merkte ich, wie die Schlafprobleme ein fester Bestandteil meines Lebens wurden. Die Tabletten wirkten auch nicht mehr so super (hatte schon drei verschiedene Marken durch).

Eines Nachts war ich wieder ein mal in meinem Bett und versuchte einzuschlafen, ich scheiterte natürlich kläglich. Ich weiß nicht genau, wieso ich es getan habe. Wahrscheinlich war es eine Mischung aus Verzweiflung, Wut und Neugier die mich veranlassten, 10 Schlaftabletten auf ein mal zu nehmen. Mir war bewusst, dass ich ein (kalkuliertes!) Risiko damit eingehe, da ich keinerlei Ahnung hatte wie mein (untergewichtiger) Körper darauf reagieren würde, allerdings war mir auch klar, dass diese Dosis für eine Selbsttötung eindeutig zu gering war.

Es dauerte rund 10 Minuten, bis die Tabletten ihre erste Wirkung zeigten. Mir wurde schwindelig; ich hatte große Mühe, beim Gehen nicht zu wanken. Ich legte mich vorsichtshalber in mein Bett und machte Musik an. Nach und nach verstärkte sich dieses Schwindelgefühl, was ich dadurch merkte, dass ich alle paar Minuten aufstand um kurz eine Runde zu gehen; um „die Lage zu checken“.

Nach und nach hatte ich das Gefühl, dass jemand meine Körperkraft quasi aussaugte. Ich hatte große Schwierigkeiten meine Arme zu heben, als hätten sie in den wenigen Minuten unverhältnismäßig viel zugenommen. Allerdings überkam mich auch ein schönes Gefühl. Ich war total entspannt, ein so schönes Körpergefühl kannte ich gar nicht mehr. Circa 20 Minuten nach der Einnahme war ich im Himmel angekommen. Ich hätte ewig so liegen können. Ähnlich dem Gefühl, welches man hat, wenn man Abends im Bett liegt; eine angenehme Müdigkeit herrscht, man weiß, dass man jeden Moment einschläft und man die Gedanken noch mal kreisen lässt. Es sind nur schöne Gedanken, nur entspannte Gedanken. Eigentlich möchte man gar nicht einschlafen. Man ist umgeben vom Glück.

Leider hielt diese Atmosphäre nur einige Minuten. Danach stellte ich mir die Frage, ob ich eventuell doch eine tödliche Überdosis genommen habe, und was ich jetzt tun sollte. Die Frage wurde zur Gewissheit, und Angst stieg in mir auf. Angst vor dem Tod, der im Schlaf schon auf mich lauerte. Sollte ich so abtreten? Ohne ein Wort? Ohne Erklärung? Ich hatte noch so viel zu sagen, noch so viel zu erledigen, und dies würde meine letzte Nacht auf Erden sein. Ich mobilisierte noch mal meine ganzen Kräfte und schaffte es, mir einen Schreibblock und einen Stift vom Schreibtisch zu holen. Ich musste meine letzten Gedanken zu Papier bringen. Das war ich den Menschen in meiner Umgebung schuldig. Nach der Hälfte des Briefes verließ mich meine Kraft; mein Oberkörper sank zur Matratze und ich schrieb die letzten Zeilen im Liegen weiter. Während ich schrieb ließen mich meine Augen immer mehr im Stich. Ich konnte nichts mehr erkennen, alles war verschwommen. Mit letzter Kraft griff ich nach meinem Handy und schrieb meiner besten Freundin noch eine SMS. Ich machte das Licht aus, deckte mich zu und wartete auf den Schlaf; auf den Tod. Es war komisch, einerseits hatte ich Angst, andererseits genoss ich noch mal dieses unglaubliche Körpergefühl, welches mich immer noch begleitete.

Ich schlief nicht viel, etwa 2-3 Stunden. Ich wachte auf, und sah auf ein mal eine fette, weiße Maus, die aus meiner Wand zu krabbeln schien. Nach einem Vorfall vor zwei Jahren hatte ich so etwas wie eine kleine Phobie vor Mäusen entwickelt, zumindest vor Mäusen, die sich in meinem Zimmer befanden. Ich konnte meinen Augen kaum glauben, doch genauso schnell, wie die fette, weiße Maus erschien, verschwand sie auch schon wieder. Leider befanden sich weitere Mäuse im Zimmer, graue, kleine Mistviecher, die auf mich zu kamen. Ich erschrak regelrecht, und warf ein kleines Entenkuscheltier nach ihnen. Doch das half nicht. Da ich lediglich auf einer Matratze, die auf dem Boden meines Zimmers liegt, schlafe, hätten die Mäuse keinerlei Probleme beim erklimmen meines Kissenparadieses. Ich stand, wie von der Tarantel gestochen, auf und ging auf Mäusejagd. Ich schaute unter den Fernseh-Tisch, unter meinem Schrank .. keine Mäuse. Kaum lag ich wieder im Bett, waren sie wieder da. Mein Herz pochte wie das eine Beutelratte; kam der Tod in Gestalt von Mäusen?

Schlafen war bei dieser Mäuseepidemie natürlich ausgeschlossen. So verbrachte ich schlussendlich auch die Nacht. Ironie des Schicksals: Ich wurde durch das wachgehalten, welches mich eigentlich zum Schlafen bringen sollte. Morgens um Sieben Uhr entschloss ich mich dann, im verwirrten Zustand in die Küche zu gehen. Ich weiß den Grund nicht mal mehr. Ich begegnete meiner Mutter, und hatte Mühe, vernünftig zu reden. Mein Mund war wie betäubt und staubtrocken. Deswegen entschloss ich mich, sinnlos durchs Haus zu laufen, mir den Arsch abzufrieren und wieder in mein Zimmer zu gehen. Ich ging in mein Wohnzimmer, legte mich auf die Schlafcouch und holte dort, hinter verschlossener Tür, meinen Schlaf nach.

Seit dieser Nacht steht eine Mäusefalle (lebend!) in meinem Zimmer. Mir wurde erst Tage später bewusst, dass die Mäuse wohl Halluzinationen waren. Denn komischerweise tauchten nach dieser Nacht keine ähnlichen Getiere mehr auf.

Natürlich war dieses Erlebnis auf der einen Seite schon sehr grausam und schockierend, zeigte mir auf der anderen Seite jedoch, wie kostbar das Leben ist, und das ich, entgegen meiner vorherigen Einstellung, sehr daran hänge. Empfehlen kann ich solch einen Trip allerdings absolut nicht.