Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Ein Jahr lang Graskonsum, ein Résumé
Drogen:Cannabis
Autor:rainface
Datum:06.11.2009 18:23
Set:Meist gut drauf
Setting:Im Wald, zu Hause, in Pärkchen in den Städten, mit Freunden, alleine, alles eben...
Nützlichkeit:8,70 von 10 möglichen   (40 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Eine Anmerkung vorweg: dies ist nicht in diesem Sinne ein Tripbericht, ich konsumiere nun seit einem Jahr mehr oder weniger regelmässig Cannabis, und dachte, es wäre Zeit, ein kleiner Zwischenbericht festzuhalten. Ich werde im Text auf meine ‚wichtigsten’ Erlebnisse eingehen, Gefahren, die ich sehe, aufzeigen, doch auch Chancen, Glücksgefühle, etc.



Zu meiner Person:

Ich bin vor kurzem 18 Jahre alt geworden, gehe ins Gymnasium (in der Schweiz, deshalb schreibe ich auch z.B. ‚gross’), bin in einer guten Klasse, habe viele Menschen, die ich als Kollegen bezeichnen würde, etwa 6 Freunde, mit denen ich, je nach Freund, alles teilen kann.

Ich bin politisch interessiert, spiele Gitarre und weitere Instrumente (gerne auch wenn ich drauf bin, dazu später mehr), mache ab und zu Sport. Ich bin meist ein glücklicher Mensch und bis auf eine fehlende Freundin könnte mein Leben kaum besser sein.



Mein erstes Mal bekifft sein:

Ich weiss nicht, ob die urbane Legende der Wahrheit entspricht, die besagt, dass man die ersten Male nichts vom Cannabis spürt (weil der Körper noch die Rezeptoren ausbilden muss), bei mir war es jedenfalls so, doch das kann auch andere Gründe gehabt haben: ich bin Nichtraucher und konnte anfangs einfach nicht inhalieren.

In einem Lager vor nun etwa einem Jahr und einem Monat haben wir wieder mal gekifft – ich hatte noch nie so heftige Zwerchfellkrämpfe, ich habe mich vor lachen auf dem Boden gekringelt, und das ging etwa eine halbe Stunde so. Ich hatte gute Leute um mich, und auch wenn es mir etwas peinlich war, als einziger so abzugehen (die anderen waren alle geübte Kiffer oder haben nichts genommen, wir haben nur eine Tüte geraucht), so war es nicht wirklich schlimm. Durchwegs angenehme Gefühle durchströmten mich, ein tolles Schwindelgefühl hatte von mir Besitz ergriffen, mein Kopf wurde leicht und alles, wirklich alles, war in Ordnung. Eine weitere halbe Stunde nach meinem Lachflash, in der ich vor allem untätig rum sass, ging ich schlafen. Sobald ich das Bett berührte fiel ich quasi in das Bett hinein, von Freude erfüllt liess das zu. (das meine ich wörtlich, ich habe wirklich gespürt und mir auch vorgestellt, wie ich in ein schwarzes Loch fiel, doch diese Vorstellung hat mir keine Angst gemacht, im Gegenteil: das Loch war angenehm warm, lebendig und mir gegenüber eindeutig freundlich gestimmt. In diesem Zustand konnte mir einfach nichts etwas anhaben!) Kein Wunder wollte ich dieses schöne Gefühl wieder haben, im Lager habe ich noch einige Male gekifft, doch an die erste Erfahrung kam nichts ran. Zuhause hab ich mir dann auch schnell mal Dope besorgt.



Gelegenheitskiffer:

In meinem Gymnasium treffen sich jeden Freitag die Kiffer nach der Schule in einem nahe gelegenen Park um gemeinsam ein paar Tüten zu vernichten. Von meinem Freund, Klassenkamerad und Dealer wurde ich dort eingeführt, lernte neue Leute kennen.

Einer von ihnen hat mir dann von Ganesha erzählt, dem Hindu-Gott der kleinen und grossen Alltagsprobleme, dem man huldigt, indem man ein paar ‚Kräuter’ raucht. Wenn man an ein Problem denkt, dabei schön inhaliert und an Ganesha denkt, ist das Problem quasi schon verschwunden. (Nein, ich habe weder gegoogelt, wie man seinen Namen schreibt, noch ob das, was mir der Kollege erzählt hat, stimmt, ich mag den Gedanken einfach, also bitte nicht verraten, falls ich was komplett falsch verstanden habe… danke! xD)

Hab’s ausprobiert und es hat geklappt, Wirtschaft fiel nächste Woche aus! Seitdem ‚bete’ ich regelmässig beim Kiffen zu Ganesha und bisher hat er mich noch nie enttäuscht…

Natürlich glaube ich nicht an den Quatsch, ich wollte damit aufzeigen, wie locker ich mit der Thematik umgehe und versuche, mich selbst dabei nicht allzu ernst zu nehmen.

Ich kiffte also zweimal pro Woche: immer Freitags und Samstags (da meist bei einem Freund, dessen Mutter fast immer weg ist zu hause).



Kiffen & Philosophie:

Das schönste am Kiffen ist die veränderte Wahrnehmung, das Gedächtnis ist extrem gestört, und genau dadurch kann man auf die verrücktesten Ideen kommen, man lebt im Moment, weil man sich schlicht nicht an ‚vor drei Minuten’ oder ‚gestern’ erinnern kann/mag. In diesen Momenten ist man frei von den Sorgen der Zukunft, von Fehlern aus der Vergangenheit, man ist einfach sich selbst. Zusammen mit der euphorisierenden Wirkung des Grases ist man häufig einfach nur glücklich, da zu sein.

Dieses Gefühl habe ich bei weitem nicht immer beim Kiffen. Ich muss in der richtigen Stimmung sein, es hilft, wenn ich allein oder mit nur einem guten Freund zusammen bin. Wenn einem dann Erkenntnisse über das Leben kommen, sind sie genial, weil sie aus dem Moment heraus entstehen, weil man sie nicht innerlich zensiert sind sie geradeheraus und ehrlich (écriture automatique ist eine Schreibtechnik, die sich das zunutze macht: man schreibt ohne nachzudenken und nach einer Zeit und mit etwas Übung, schreibt man ‚ehrlicher’ als sonst). In diesen Momenten ist es mir egal, dass ich nicht an Gott glaube, dass für mich das Leben nach dem Tod fertig ist (was mir sonst relativ oft zu schaffen macht, besonders, wenn ich nicht so gut drauf bin), und ich könnte lächelnd in den Tod gehen. Ich habe auch probiert, bekifft kreativ zu sein, und ein kleiner Vierzeiler ist entstanden:



Selten war ich ihr so nahe,

selten war der Wind so kalt.

Unter mir der Weg, der Wahre,

um mich rum die Erdgestalt.



Anzumerken ist, dass ich den kalten Wind durchaus als angenehm betrachte, wie ich allgemein starkes Wetter liebe, nichts ist schöner als in einem Sommergewitter joggen zu gehen, deshalb auch ‚rainface’.



Gras & Gitarre:

Am Abend um ein Feuer herumsitzen, Gitarre auf den Knien, ein paar Menschen die mitsingen – was gibt es schöneres?

Gitarre spielen geht eigentlich fast immer, bloss, wenn ich wirklich, wirklich bekifft bin, spüre ich die die Saiten nicht mehr richtig, beziehungsweise meine Wahrnehmung ist verzögert, ich spüre dann die Berührung der Saiten an meinem Finger wenn ich sie zupfe wellenartig und noch lange nachdem ich die Saite schon angeschlagen habe.

Ich singe meist typische Lagerfeuer-Lieder wie ‚Lady in Black’ oder ‚Stairway to Heaven’. Manchmal ist auch ‚Haschisch rauchen macht harmlos’ von Joint Venture dabei oder ein Lied, das bei Woodstock aufgeführt wurde, richtig Hippie-like eben. Das Gefühl, komplett in die Gitarre hineinzufallen, quasi nur noch als Stimme und Gitarre zu existieren, finde ich wunderschön. Ich kann es nur weiterempfehlen. Wenn ich alleine unterwegs bin und in der richtigen Stimmung an einem Bach vorbeilaufe, kann ich auch in den Bach hinein eine Melodie hören. Wenn ich dann singe, ‚spielt’ der Bach meist Begleitakkorde oder zweite Stimmen.



Schlechte Trips:

Ich war auch schon einige Male schlecht drauf von Gras, da ist an erster Stelle natürlich der Mischkonsum mit Alkohol zu nennen (ich musste einmal kotzen und seither mische ich nicht mehr, ich habe seither auch immer weniger getrunken und bin nun seit fünf Monaten nüchtern). Ich bewundere alle, die diesen Balanceakt schaffen, ich kanns nicht! Ich bin auch viel weniger gern betrunken als bekifft, denn Alkohol dämmt mich ein, während Cannabis mich anregt…

Eine ganz schlechte Idee ist es auch, mit den Eltern Nachtessen zu verspachteln, während man noch völlig drauf ist. Ich habe leider ein eher schlechtes Timing und das ist mir schon ein paar Mal passiert. Ich weiss bis heute nicht, ob sie es bemerkt haben. Sie wissen, dass ich kiffe, sie unterstützen es nicht, doch in ihren Augen ist Gras nicht schlimmer als Alkohol, und mein Konsum daher ‚in Ordnung’. Sie wollen bloss nicht, dass ich alleine kiffe.

Böse ‚Gedankenspiralen’ hatte ich auch schon ein paar Mal, jedoch noch nie so heftig wie eine Kollegin, mit der ich letztens eine Tüte geraucht habe: wir waren auf einem Klettergerüst, und sie hat sich eingebildet, es sei ein Schiff und schwanke. Natürlich hat sie gewusst, dass das nicht stimmt, doch das machte es wohl nur beängstigender.

Meine Spiralen habe ich mir meist durch gutes Zureden oder Ablenken durch Musik, schöne Aussichten etc. ‚weggezaubert’.



Gras & Gewohnheit:

Die wohl grösste Gefahr beim Kiffen ist meiner Meinung nach die Gewohnheit. Man denkt sich schnell mal, dass eine ‚starke Zigarette’ vor dem Einschlafen nicht schaden kann, bald kifft man mehrmals täglich. Ich selbst habe schon einige Male ‚aufgehört’ zu kiffen, habe meinen Konsum auf ‚einmal pro Monat’ runtergeschraubt, doch durchsetzen konnte ich es kaum. Im Moment kiffe ich dreimal pro Woche, was meiner Meinung nach eher zu viel ist, weil das Erlebnis dann auch nicht mehr so speziell ist.

Mein Dealer kifft sehr viel mehr als ich, und er hat effektiv Schlafstörungen, wenn er keinen ‚Gutenachtjoint’ rauchen kann. Bei Gras ist also – wie bei allen Drogen – Vorsicht geboten.



Ich will noch kurz eine Situation beschreiben, die ich beim Kiffen einst erlebt habe. Es ist meine wohl schönste Erinnerung überhaupt und ich weiss nicht genau, inwiefern das Gras seine Hand im Spiel hatte, es soll auch zeigen, wie verbunden ich mich in meinen glücklichsten Momenten der Natur und allem Leben fühle. Ich verabschiede mich mit den folgenden Worten von euch. So fühle ich mich, wenn ich Cannabis rauche:



Es ist Winter, ich laufe durch eine Hügellandschaft in der Nähe unseres Dorfes. Es ist Nacht und Wolken bedecken den Himmel. Trotzdem ist es relativ hell, da der Schnee sämtliches Licht reflektiert. Ich drehe mich weg von der Aussicht auf das Dörfchen und wende mich einem kleinen Seitenarm des Tales zu. Von weit unten höre ich einen Bach rauschen. Plötzlich schimmert ein entfernter Hügel silbrigweiss: die Wolkendecke hat ein Loch gekriegt und der Mond scheint genau diesen Hügel an. Es glitzert und strahlt. Ich lächle und gehe weiter.

Plötzlich wird es um mich rum extrem viel heller. Ich schaue nach oben und erkenne, dass ich nun selbst in der Mitte einer solchen vom Mond beschienenen Schneelandschaft stehe. Ich blicke den Mond an und nehme einen weiteren Zug.