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AutorBeitrag
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 15.07.15 21:30
In den meisten Fällen wird wohl gerade das der Punkt sein den man an dieser Stelle aus der Hand gibt. Man hat das Recht selbstbestimmt zu sterben, aber nicht die Kontrolle über die Wahrnehmung der anderen und man wird auch niemals in der Lage sein sich zu rechtfertigen. Aus diesem Grund auch Abschiedsbriefe, sie sind immer rechtfertigend, egal ob sie voller Hass oder voller Liebe stecken, am Ende geht es um die Legitimation der Sache und die Hoffnung die Nachwelt trotz dem eigenen Verschwinden noch zu verändern. Ich sehe darin auch durchaus einen Widerspruch vieler Leute, die angeben es sei ihnen alles egal, während ihnen selbst solche Dinge die nach ihrem Tode passieren noch eine erhebliche Bedeutung für sie zu haben scheinen. Damit möchte ich keineswegs generalisieren, man muss keineswegs behaupten es sei einem alles egal um aus dem Leben zu scheiden. Man kann sich aus den unterschiedlichsten Gründen suizidieren, in der Regel spielt Egalität dabei eine große Rolle, aber auch genau das Gegenteil kann der Fall sein, dass einem Dinge so viel bedeuten, dass man ihren Schrecken nicht weiter erleben möchte. Oder die altruistische Selbstaufopferung, wie es z.B. immer wieder vorkommt, dass sich Menschen als symbolischen Prozess selbst in Brand setzen. Ich möchte daran erinnern, dass auf diese Weise der arabische Frühling seinen Auslöser gefunden hat und auch die Parlamentswahlen in Indien dadurch wesentlich beeinflusst wurde. Die Wirkung der Methode Suizid ist ganz sicher nicht zu unterschätzen und die Arten und Motive ihn durchzuführen sind enorm unterschiedlich.
Ich halte es daher auch nicht für angebracht den Begriff Selbstmord grundsätzlich aus dieser Diskussion zu verbannen, denn wenn ein Mensch sich selbst anzündet um eine politische Message zu senden, dann ist das ein politischer Mord an sich selbst. Wenn jemand meint er hat alles erlebt und den perfekten Moment zu sterben gefunden, dann ist es wohl eher ein Freitod. Suizid würde ich dagegen eher als Überbegriff sehen im heutigen Gebrauch, wobei auch dieser Begriff gemäß seiner lateinischen Herkunft nichts anderes bedeutet als "seiner selbst erschlagen / töten / morden". Die Bedeutung ist durch den sprachlichen Gebrauch jedoch ein wenig verwischt, ich würde ihn daher als den neutralsten Begriff auffassen. Ich denke letztlich hat jeder Begriff seinen Platz in einer solchen Debatten, der kategorische Ausschluss eines Begriffs nur weil es die eigenen suizidalen Pläne nicht gut legitimieren / begründen zu scheint, ist aus meiner Sicht da keine Lösung. Ohnehin wird der Begriff "Freitod" doch nur gewählt, weil er a.) selten gewählt wird und somit der üblichen Stigmatisierung eines Selbstmörders entfliehen zu versuchen und b.) das Wort der Freiheit hier seine Verwendung findet. Ich denke letztlich ist es aber überhaupt nicht entscheidend mit welchem Begriff man gerne hantieren möchte, sondern was die wirklichen Motive und die Vorgehensweise sind. Das Problem daran wenn man für sich den Begriff des Freitods zu reservieren ersucht ist, dass man damit andere Menschen die das nicht tun in gewisser Weise abwertet.

Ich denke schon, dass letztlich jede Person das Recht hat a.) auf ihr Leben zu verzichten und b.) sich selbst einen Begriff dazu zu bilden. Allerdings hat sie nicht das Recht der Nachtwelt vorzuschreiben, als was sie diesen Akt zu betrachten / benennen habe. Du kannst versuchen, ob zu Lebzeiten oder durch einen Abschiedsbrief, dich zu erklären, aber ein Recht darüber zu bestimmen wie über dich geredet wird, würde ich dir und allen anderen Personen nicht zuschreiben. Auch wenn ich durchaus nachvollziehen kann, dass vieles davon äußerst unverständnisvoll und widerlich ist, wenn man verkürzt über eine solche Entscheidung eines Menschen nach dessen Tod urteilt.

@Hunk: Mit deinen Steuergeldern, ist klar - es hat dich bestimmt Unsummen gekostet, dass nun weibliche Anreden existieren. Man denke nur an die ganzen Namensschilder die neu gedruckt werden mussten - das sind bestimmt Trilliarden! Über was sich Leute so alles aufregen können ist schon fast unheimlich... Gibt es irgendeinen Grund, warum dich das tangieren sollte? Das ist konservatives Fingerfuchteln zum Selbstzweck, mehr nicht. Lass doch lieber gut sein und kritisier Dinge, die wirklich auch jemand schaden.
„Ich bin nicht glücklich weils vorbei ist, es ist vorbei weil ich jetzt glücklich bin“
Degenhardt

"Mit Ehrlichkeit kommt man nicht weit, doch ohne Ehrlichkeit kommt man nicht nah"
Maeckes
Abwesende Träumerin



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  Geschrieben: 15.07.15 22:14
Incredere schrieb:
Das Problem daran wenn man für sich den Begriff des Freitods zu reservieren ersucht ist, dass man damit andere Menschen die das nicht tun in gewisser Weise abwertet.


Nein, es hat sicherlich nichts mit der Abwertung seiner Mitmenschen zu tun, wenn man manche Begriffe den anderen vorzieht, Incredere. Ich persönlich bevorzuge den Begriff Freitod in vielen Fällen, da er besagt, dass es sich um die freie Entscheidung für den Tod und gegen das Leben handelt. Ein wichtiger Punkt, da von Großteilen unserer Gesellschaft und von den meisten Psychologen per se ausgeschlossen wird, dass eine freie Entscheidung für den Tod überhaupt möglich ist.

Ferner ist es mir persönlich ein Anliegen, für Sprache zu sensibilisieren aber das ist ein anderes Thema.
Wer sich aus politischen Motiven selbst in Brand steckt, kann durchaus mit Recht als Selbstmörder bezeichnet werden. Bei Selbstmordattentätern ist der Fall noch einleuchtender.

Natürlich mögen dies andere das Diskutieren um einzelne Begriffe als schiere Haarspalterei abtun. Da dürfen Sie doch auch, dafür gibt es die Meinungsfreiheit. Aber andere abwerten möchte ich sicherlich nicht und ich denke die meisten anderen, die "Freitod" bevorzugen, ebenso wenig.

P.S. von Selbstmörderinnen war da noch nicht einmal die Rede wink
Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück; es kommt nicht darauf an, wie lange es ist, sondern wie bunt. Lucius Annaeus Seneca
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  Geschrieben: 15.07.15 22:49
@Incredere
Spoiler:
Incredere schrieb:
...
@Hunk: Mit deinen Steuergeldern, ist klar - es hat dich bestimmt Unsummen gekostet, dass nun weibliche Anreden existieren. Man denke nur an die ganzen Namensschilder die neu gedruckt werden mussten - das sind bestimmt Trilliarden! Über was sich Leute so alles aufregen können ist schon fast unheimlich... Gibt es irgendeinen Grund, warum dich das tangieren sollte? Das ist konservatives Fingerfuchteln zum Selbstzweck, mehr nicht. Lass doch lieber gut sein und kritisier Dinge, die wirklich auch jemand schaden.


Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich bereits mehr Steuern bezahlt habe, also du die nächsten zehn Jahre. Studierst du zufällig Gender Studies? Das würde deine Reaktion zumindest teilweise erklären. Leider wirst du dann nie soviel Steuern zahlen "dürfen" wie ich... :-)
Stört es dich nicht, dass männlichen Kindern das Recht auf körperliche Unversehrtheit fehlt? Oder, falls du tatsächlich noch zur Uni gehen solltest: Würde es dich nicht stören für fehlende Binnen-Is Punktabzug zu bekommen? Ist es nicht einfach billige Propaganda und billiger Aktionismus nur noch von Professorinnen zu sprechen/schreiben? Was ist mit den staatlichen Projekten um mehr Frauen an die Unis zu bekommen, während bereits die Mehrheit der Studenten weiblich sind? Kein rausgeschmissenes Geld? Und was ist eigentlich mit der Grundlage, dass das Geschlecht ein soziales Konstrukt sei? Dass keine biologischen Faktoren eine Rolle spielen (s. David Reimer) und eben Gender Studies (nach deren "wissenschaftlichen" Erkenntnissen es wohl mehr als 4000 verschiedene Geschlechter geben soll. Wollte man die alle korrekt ansprechen wird das wohl etwas mehr Papier kosten) Und so weiter und so fort...

Ich mach 'nen neuen Thread auf und kopiere deine Antwort 'rein, dann können wir sehr gerne drüber diskutieren ob die Milliarden an Steuergeldern die auf irgendeine Art und Weise dieser Ideologie in den Rachen geworfen werden überhaupt irgendwem nützen, außer natürlich bspw. den Gleichstellungsbeauftragten und den mehr als 200 Lehrstühlen für Gender Studies (früher übrigens Frauenforschung genannt. Lehrstühle für Männerforschung = 0), oder ob hier nur die Bevölkerung von Zwangsbeglückern erzogen werden soll.


Um auch etwas zum Thema zu sagen: Die Suizide in Deutschland sind stabil seit Jahren verteilt auf mehr als 80% Männer und zu knapp 20% Frauen.
Deal with it!
Traumländer

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  Geschrieben: 15.07.15 23:11
Suizide ist keine Sünde und kann es unter gar keinen Umständen sein. Ich erlautere mal ein paar Gründe, warum Suizide ein normaler Bestandteil der Existenz ist.

Es gibt Menschen, sogar Tiere, für die es einfach keinen Sinn mehr macht das Leben fortzusetzten. Damit meine ich wirklich ein Leben, was vom Schicksaal so geprägt wurde, dass es nicht mehr normal sein kann - egal ob für einem selbst, psychisch, oder für andere. Diese Menschen, teils Tiere, wählen den Weg des Suizides. Den Ausweg aus einer Gefangenschaft Namens "Leben".

Das Leben wird einem nicht geschenkt, sondern das Leben bildet sich, aus dieser Bildung entsteht ein Bewusstsein, welches wir aufgrund unserer Intelligenz als "Ich" empfinden. Das "Ich-Bewusstsein" suggiert dem Menschen selbst, dass einem das "Ich" und somit das Leben geschenkt wurde. Daher die Redewendung "Das Geschenk des Lebens".

Wir haben keine Wahl das Leben zu führen, welches wir wollen. Und da wir gerade in einem Drogen-Forum sind: Drogen beeinflussen das "Ich" und die Wahrnehmung, so können Opis dafür sorgen, dass man sich, egal wo, gut fühlt. Die Welt ist mit einem "Großen Auge" betrachtet neutral, jedes Lebewesen auf dieser Welt empfindet es anders. Jeder Mensch empfindet die Welt aufgrund Umstände, Schicksal, physischer und psychischer Zustand etc. anders.

Wenn wir nun daraus schließen, dass man selbst mit seinem "Ich" nicht mehr in der Lage ist, die Welt als etwas gutes zu empfinden, macht das Leben keinen Sinn mehr und man kan dem ein Ende setzten. Es kann keine Sünde sein, denn mit dem Tod verschwindet auch unser "Ich" und die Bioelektrischen-Ströme gehen in eine andere Form über. Stichwort Masseerhaltungsgesetz.

Wer stirbt, dem interessiert es nicht mehr was die anderen denken. Angefangen bei der "Ich-Auflösung" bishin zum eigentlichen Tod.

Wer es nicht respektiert, dass Menschen keinen Sinn in dem Leben auf der Erde sehen und dieses beenden, denken zu eingeschränkt. Das Leben ist kein Spiel und der Suizide ist kein Cheat.

The most beautiful dream is the dream of a promising tomorrow
Traumländer



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  Geschrieben: 16.07.15 11:05
Suizid eine Sünde? Alles eine Frage der Umstände, des Betrachters und der Weltanschauung^^

Das wort Suizid an sich ist relativ vorbehaltlos, Sünde hingegen wird großteils negativ assoziiert.
Kein schönes Wort. Verbinden viele mit Religion, Bestrafung und Wertebrechern. Das lässt den Suizid vorab schon Negativ erscheinen...

Meine Antwort - Es kommt auf die Umstände an.

mfg


Wenn ich so werden soll wie Ihr, wer wird dann so wie ich?
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 16.07.15 17:47
Das Leben ist sehr kostbar, man sollte genau überlegen ob man das wirklich weggeben will. Natürlich gibt es auch Situationen, wo ich es verstehe, letztlich ist es aber jedem selber überlassen, ob er sein Leben weiterleben oder beenden will. Genau genommen ist es völlig egal wann wir sterben, der Tod wird kommen, und durch Suizid kann man sich das Leben auch sehr einfach machen. Wir mühen uns eh nur ab und versuchen das Unaufschiebbare aufzuschieben. Außerdem stelle ich mir den Moment des Todes unglaublich schön vor (damit meine ich natürlich nicht die eventuellen qualen, die dem tod vorausgehen). Man muss nur aufpassen wie man sein leben beendet. Bläst man sich die Rübe weg, kann sich das Hirn nicht auf den Tod einstellen, und der schöne Moment des Todes ist dahin. Erhängt man sich, wird das Hirn nicht beschädigt und man erlebt den Todesmoment mit. Und das will ich nicht verpassen. Aber das Leben ist wie gesagt zu kostbar, um es unüberlegt wegzuwerfen.
»Drogenprohibition: GESCHEITERT, SCHÄDLICH und TEUER« Schildower Kreis
Abwesender Träumer

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  Geschrieben: 16.07.15 18:26
Ich gebe dir Recht ja, jedes Leben ist kostbar und das sollte überall auf der Welt in jeder Gesellschaft gelten.
Tut es aber leider nicht.
Gerade in der heutigen Zeit und auch in unserem pseudo-sozial Staat ist das nicht der Fall.
Immer mehr Leute schauen weg wie andere Menschen zugrunde gehen und z.B. Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken.
Viele Menschen gehen an den Umständen unserer Gesellschaft zugrunde und sehen keinen Ausweg mehr.
Dieses "survival of the fittest" Ding wird immer schlimmer.
Fressen oder gefressen werden.
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
Albert Einstein

Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 16.07.15 18:29
@SimpleOne
Sehr guter beitrag.

@all

Ich sehe suizid nicht als sünde.
Sehe ihn mehr als möglichkeit oder als teil unserer "freiheit".
Die vorstellung hatte auf mich immer einen sehr antidepressiven effekt.
Ich hatte einmal so ein tief in meinem leben , es fühlte sich alles so schrecklich an.
Ich konnte mir vorher einfach nie vorstellen wie schlecht es einem menschen gehen kann.

Was mich daran am meisten schockiert hat ,ist das meine umstände gar nicht so schlimm waren.
Der gedanke an suizid löste ein kribbeln aus und hat mich unheimlich ausgeglichen.
Seid dem äusser ich mich zu selbstmorden nicht mehr.
Viele reden den leuten was nach.. zu schwach für diese welt oder flucht.
Es wird meist als schwäche gesehen aber ein urteil steht den leuten nicht zu.
Man kann es auch als stärke sehen oder als vernünftige entscheidung.

Lg herba
 
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  Geschrieben: 16.07.15 20:41
Spoiler:
Habe nun wie angekündigt einen weiteren Thread eröffnet.
https://www.land-der-traeume.de/forum.php?p=676990

Deal with it!
Abwesender Träumer

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  Geschrieben: 18.07.15 03:32
Ich finde es ein Unding, anderen Menschen vorschreiben zu wollen, was sie mit ihrem eigenen Leben machen dürfen und was nicht.
Das ist für mich eine Sünde.

Wenn jemand einfach nur sterben möchte, er aber gegen seinen Willen dazu gezwungen wird weiterzuleben - ist das nicht praktisch wie Mord?

Jeder muss sein Leben selbst leben, niemand wurde je gefragt, ob er überhaupt leben möchte, also kann jeder mit seinem eigenen Leben anfangen, was er will.
La tristesse durera toujours
(Vincent van Gogh)
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 18.07.15 11:07
ooops schrieb:
Ferner ist es mir persönlich ein Anliegen, für Sprache zu sensibilisieren aber das ist ein anderes Thema.
Natürlich mögen dies andere das Diskutieren um einzelne Begriffe als schiere Haarspalterei abtun.


Zustimmung. Der ›Horror der Sprache‹. ^^
Ich habe gerade ein Buch gelesen, da heißt es: »The language problem« sei das Grundproblem des Menschen, »from which all human ›problems‹ stem«, klingt erst fast ein wenig paranoid und banal, darin steckt aber viel wahres.

Zum Thema sich selbst töten ... die einen sind der Meinung es sei Sünde, andere reden davon es sei schlecht für das Karma, manche behaupten es handelt sich dabei um einen Betrug am Leben etc. Persönlich würde ich diesbezüglich kein Urteil über andere Leute fällen. Im näheren Umfeld habe ich das zweimal miterlebt.
Wie ich selbst reagieren würde, zum Beispiel unter großen Schmerzen und einer - im Hinblick auf Genesung - aussichtslosen Krankheit, oder unter Folter kann ich nicht vorhersagen, absolut möglich das mir in so einer Situation eine kleine ›Selbstmordpille‹ nützlich wäre.
Einmal war ich im frühen Erwachsenenalter in einer prekären depressiven / emotional verzweifelten Situation wo ich auch darüber nachdachte, allerdings konnte ich das glücklicherweise selbst überwinden.

»Unter dem Pflaster liegt der Strand!«
Graffito, Paris, Mai 1968
Ex-Träumer
  Geschrieben: 18.07.15 12:24
Larry Doc Sportello schrieb:
Zustimmung. Der ›Horror der Sprache‹. ^^

Dieser Horror kommt aber auch dadurch zustande, daß oft genug Worte plötzlich als gaga gelten, weil irgendjemand es so will.
Mich wundert es ja, daß es in Deutschland nach wie vor einen Reichstag gibt, daß man das Wort "Reich" nicht schon aus dem Duden entfernt hat. Ähnlich ist es mit dem Begriff "Neger". Man darf "Schwarzer" sagen, aber nicht Neger, was aber genau das Selbe bedeutet, nämlich Schwarzer ... Mir wäre es als Schwarzer oder Schwarzafrikaner völlig egal, wie man mich nennt, man kann auch Respekt vor jemand haben und ihn voll anerkennen, wenn man ihn als Neger bezeichnet.
A propos Schwarzafrikaner - was ist aber, wenn meine schwarzen Ahnen seit drei Generationen in Mitteleuropa leben und ich - als Schwarzhäutiger - hier geboren wurde ? Bin ich dann Afrikaner, obwohl ich noch nie in Afrika war ?
Worte sind Namen und Namen sind nur Schall und Rauch umnebelnd Himmelsglut. Daran erinnere ich mich aus meiner Inkarnation als JW v Goethe - damals war ich Geheimrat ;-)
Meiner Meinung nach ist also nicht die Sprache selbst der Horror, sondern die Menschen, die halt vieles so verstehen, wie sie es gerne verstehen würden ... Und jene, die glauben, Führerschaft (schon wieder so ein Unwort - Führer ... - im falschen Zusammenhang gibt's dafür sogar Knast !) erringen zu können, indem sie vorgeben wollen, welche Worte die Menschen gebrauchen dürfen, welche sie nicht gebrauchen dürfen und vor allen Dingen, welche sie gebrauchen müssen, wie das leidige Binnen-I.
Man kann das jetzt natürlich dahin drehen, daß die Sprache im Vordergrund steht und somit als Verursacher gilt. Blickt man genau hin, ist es nicht die Sprache, vielmehr sind es die Menschen, die die Äußerungen Anderer in ihrem Sinne interpretieren - viel zu oft in sehr engstirniger Art und Weise. Wenn ich jemand im Vorhinein ablehne, werden mir seine Äußerungen auch nicht gefallen, egal wie wohlgemeint sie sein mögen.

Larry Doc Sportello - daß SSF (Selbstmord-Suizid-Freitod - bin ich nicht ein Genius ? Die Abkürzung habe ich geprägt ! ;-) ) das Karma verschlechtere, das hat sich nur in Esoterikerkreisen herumgesprochen. Dort, wo die Lehre vom Karma mit der Milch aufgesogen wird, denkt man nicht so.
Allerdings erleichtert der Glaube an Karma einen "Neuanfang". Pragmatisch, wie ich finde, denn wenn man sich auf irgendeinem Irrweg befindet und gar nicht mehr weiter weiß, dann versucht man auch, von Vorne neu zu beginnen. Ich bin überzeugt davon, daß die Schöpfung viel pragmatischer ist, als wir es uns träumen lassen. Viele Menschen bilden sich ein, menschliches Leben sei so wertvoll, weil's ohne sie selbst vermeintlich nicht ginge. Die Welt bleibt stehen, wenn der XY nicht mehr da ist ... Noch hat kein Tod eines Menschen die Welt zum Stillstand gebracht.
Darum gehe, wer immer es will. Und zwar dann, wenn er glaubt, es muß sein. Mmen - die morphinistische Form von Amen ;-)
LG road

PS: Da fällt mir gerade noch was ein. Es gibt in "archaischen" Völkern den Usus, daß alte, schwache Leute sich aus der Gemeinschaft entfernen, um zu sterben. Das ist Selbstmord, denn die meisten verhungern oder verdursten. Sie tun das, um der Gemeinschaft nicht von dem Wenigen, was sie haben, auch noch was wegzunehmen, ohne einen Beitrag leisten zu können. Das wird heute noch praktiziert.
Ist das ein verwerflicher SSF ? Bei uns käme ich vor Gericht, wenn meine Frau sagt, sie geht in den Wald um zu sterben und sie tut's dann auch. Ich wäre also vom Gesetz gezwungen, dagegen aufzutreten bzw die Rettungskräfte zu holen, die sie in ein KH bringen, wo sie an Schläuche angehängt auf Teufel komm' 'raus am Leben erhalten wird.

ooops, Du hast Dir eine Riesenaufgabe vorgenommen mit Deinem Anliegen, für Sprache zu sensibilisieren. Nur geht Gleichschaltung auf Kosten der Vielfalt und es wird vermutlich nie gelingen, auch nur einen Satz zu sagen, den alle Menschen gleichermaßen verstehen.
Zur Sprache gibt es ein Sprichwort, in dem "Sprache" gar nicht vorkommt: Der Ton macht die Musik.
Ich habe einmal einem Kumpel etwas zur Magie der Sprache vorgeführt. Dazu sagte ich ihm, wir gehen in eine Spielhalle und suchen uns die heftigsten Typen dort aus, jene, die schon kurz vor dem Explodieren sind. Ausgemacht war, daß jeder von uns zu seinem Kanditaten "Arschloch" sagt. Ich habe ihm prophezeit, daß er ein blaues Auge bekommen wird und daß ich ein lockeres Gespräch führen werde trotz des "Arschloch".
Kurz und gut, er hat sich nicht getraut. Ich bin zu meinem Kanditaten hin und habe gesagt: Arschloch. Ungläubiger, wütender Blick. Dann habe ich gesagt: Ja, Du nimmst allen Anderen die Gewinnchancen, weil der Automat [an dem er spielte] der beste hier ist (so ein Schwachsinn, aber viele Spieler glauben daran). Plötzlich war ich sein bester Kumpel ever ! In Sekundenbruchteilen. Das "Arschloch" wurde zur Auszeichnung für ihn ! Daran ist übrigens jedes Wort wahr, es läßt sich auch jederzeit so ähnlich wiederholen.
Sprache ... Ton ... Musik ...
LG road
 
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 18.07.15 12:27
Sorry for OT...

Da fällt mir spontan "Neusprech" ein, weiß garned warum...
"Nur weil du nicht paranoid bist, heißt das noch nicht, dass du nicht verfolgt wirst."

"Echte Bankgeheimnisses, sagte der Skeptiker, gibt es nur in den
städtischen Parkanlagen."



Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 18.07.15 13:37
@ road ... Die Sprache ist auch kein von Außen über uns gekommenes ›Teufelswerkzeug‹; --- der Horror von dem die Rede ist, ist vom Mensch gemacht und ›modifizierbar‹ bzw. ständiger Wandlung unterworfen.

Das kann auf einer Ebene z.B. in individuellen Zügen wahrgenommen werden: Menschen, die Kommunikationszwang als Horror empfinden (wie z.B. das allgegenwärtige Handy-Geschwafel und Internet Chatten oder die Erwartung [auch seitens der Arbeitgeber], jeder solle möglichst jederzeit erreichbar sein), und Menschen, die Schweigen als Horror empfinden.

Abgesehen von dieser Ebene Horror, kann man sagen, es ›brennen‹ sich Wörter ein und hinterlassen ihre Spuren. Namen, Gebote, Verbote, Tauschzeichen ... Es ist nicht allzu weit hergeholt zu sagen, Worte infiltrieren den Mensch und konditionieren, programmieren und funktionalisieren ihn, das taten sie immer und tun sie nach wie vor. Vage, undurchschaute, bereitwillig überschätzte Analogien etc., die bis heute ein Hauptinstrument gesellschaftlicher Repression sind und in den ›Händen‹ von den Infiltrierern und Verstümmelern der Sinne einen guten Dienst als Werkzeug zur Kontrolle über die verwalteten Individuen tun. Was für ein Horror! :D

Unser alter Morphinistenfreund Burroughs ging soweit, es als Wortvirus zu bezeichnen, wobei seine Texte oft eine bewusste Mischung aus ernst zu nehmender Theorie (z.B. von Korzybski oder Deleuze / Guattari inspiriert) und grotesker Science Fiction darstellen.

Was das Karma angeht, darum sagte ich auch eher unspezifisch die einen sagen dies, ›andere‹ sagen jenes. Wenn gewisse Esoterikerkreise von den klassischen Glaubensanschauungen wo sie ihre Inspiration finden abweichen, stört mich das persönlich auch nicht, da hat halt jeder so seine Ideen dazu. So wie manche an eine Seele glauben, andere sagen es gibt gar keine und im alten Ägypten waren es glaube ich sogar 7. ;)
»Unter dem Pflaster liegt der Strand!«
Graffito, Paris, Mai 1968
Abwesende Träumerin



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  Geschrieben: 18.07.15 13:45
zuletzt geändert: 18.07.15 14:00 durch ooops (insgesamt 1 mal geändert)
Road schrieb:
[ ooops, Du hast Dir eine Riesenaufgabe vorgenommen mit Deinem Anliegen, für Sprache zu sensibilisieren. Nur geht Gleichschaltung auf Kosten der Vielfalt und es wird vermutlich nie gelingen, auch nur einen Satz zu sagen, den alle Menschen glei
LG road


Also bisher kann ich als Texterin und Autorin (online, Hörfunk, Print und PR) sehr gut leben, danke der Nachfrage. Wenn es mir jetzt aber plötzlich egal wäre, ob ich in der Überschrift Selbstmord oder Freitod schreibe, müsste ich mir um meine finanzielle Zukunft sicherlich größere Sorgen machen. Ich bin ein großer Gegner der Gleichschaltung (hier hätte ich auch Gegnerin schreiben können ;-) ) Das unsägliche Binnen-I aber habe ich außer in Glossen und anderen satirischen Texten noch nie verwendet. Einen Magister in Politikwissenschaften habe ich trotzdem bekommen.

Man kann sehr vieles Bewirken, in dem einfach alternative Begriffe verwendet werden. Selbst die Silbenzahl kann entscheidend sein, ob eine Schlagzeile knallt oder eben nicht. Ich kann sprachlich jemanden bewusst auf eine falsche Fährte führen und gleichzeitig belegen, dies nie gesagt zu haben. Worte sind mächtig. Und diese Binnen-I-IdiotenInnen oder wie man das schreibt vergewaltigen unsere Sprache ebenso wie die Vollspackos, die den Negerkönig aus Pippi Langstrumpfs Taka-Tuka-Land streichen. Amen
Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück; es kommt nicht darauf an, wie lange es ist, sondern wie bunt. Lucius Annaeus Seneca

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