LdT-Forum

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  Geschrieben: 27.11.15 21:58
Dies ist eine automatisch erstellte Diskussion über den Tripbericht Die Zeit, die Zeit; oder: Wie Pilze Seele und Körper spalten, welcher von Nyokki geschrieben wurde. Der Bericht ist vom 22.11.2015.

Diese Diskussion wurde am 27.11.2015 von Dono Guitar gestartet.


 
Abwesender Träumer



dabei seit 2013
347 Forenbeiträge

  Geschrieben: 27.11.15 22:31
Hallo Nyokki,

danke für diesen so interessanten und ausführlichen Tripbericht, der tiefe Einblicke in die menschliche Psyche gewährt. Und was ich an dieser Stelle zusätzlich schön finde ist, dass dein Tripbericht auch sprachlich etwas hergibt. (Das ist hier im LDT ja nicht immer so.) Ich zumindest kann darin auch bestimmte literarische Qualitäten erkennen. Und deshalb gibt es von mir auch eine glatte 10!

Die von dir empfundenen Ängste kenne ich selbst sehr gut, und ich musste sie auch sehr jung (ich war damals 14) nach einem LSD-Bad-Trip erst einmal verstehen und verdauen lernen. Das reale Gefühl der Getrenntheit von Körper und Seele und der Getrenntheit von einem selbst und dem Rest der Welt. Das macht erst einmal riesige Angst und raubt einem in nur wenigen Sekunden alle Hoffnung und allen Lebensmut. Es ist, als würde die Seele von der Dunkelheit und Tiefe eines toten Universums verschlungen. Und die psychopathologischen Fachbegriffe für solche Zustände (Derealisation, Depersonalisation und so weiter) klingen wie die Namen von Horrorfiguren.

Tatsächlich hat das verzerrte Empfinden von Zeit immer auch Konsequenzen für unsere Körperlichkeit und unsere seelisch-körperliche Kontinuität. Ich kann mir, auch durch die erzählerische Qualität deines Berichtes, sehr gut vorstellen, wie tief dich diese Verwirrung und Loslösung von der Geborgenheit des Alltags ergriffen haben muss. Und ich kenne auch gut das Gefühl und die Angst, dass dies jetzt für immer so bleiben würde.

Trotzdem ist das kein negativer Prozess! Du hast eben eine Tür geöffnet, die du eine Weile nicht mehr schließen konntest. Dadurch hast du erfahren, dass die Realität eine Konstruktion ist. Das ist anfangs erschreckend, aber diese Erkenntnis birgt ja in Wahrheit auch eine riesengroße Chance. Wenn die Realität eine Konstruktion ist, wer konstruiert sie dann? Zumindest in meinem Fall war die Antwort: Ich selbst! Erst viel später entdeckte ich auch eine Menge Literatur zu diesem Thema.

Jedenfalls vermute ich, dass es hier, in diesem Forum, viele Leute gibt, die ähnliche Erfahrungen durchgemacht haben, weil eben solche Zustände für Psychedelika nichts Ungewöhnliches sind. Manche haben gelernt, das Positive aus diesen Erkenntnissen heraus zu filtern, und das wünsche ich auch dir von ganzem Herzen!

Ach ja, was mir noch aufgefallen ist: Ich vermute, dass Cannabis für dich noch schädlicher ist als die Pilze, ich vermute weiter, dass möglicherweise sogar das Cannabis damals der Auslöser für dein Erleben war. Aber das ist nur so ein Gefühl. Irgendwie deutest du es ja selbst in deinem Resümee an.

Danke nochmals und alles Liebe!
Dono

Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.
F. Nietzsche
» Thread-Ersteller «
Traumländer



dabei seit 2015
4 Forenbeiträge
1 Tripberichte

  Geschrieben: 02.12.15 18:54
Hallo Dono,

ich freue mich sehr über deine liebe Antwort und dein positives Feedback zum Bericht!

Natürlich hast du Recht damit, dass man dieses Herausreißen aus der alltäglichen Geborgenheit auch als etwas Positives sehen kann - eine Erfahrung, die einem so schnell keiner nehmen kann. Da ich mit Drogen nicht so erfahren bin, hat mich dieser lange Prozess zurück zur "Normalität" doch sehr erschreckt - obwohl die eigentliche Wirkung der Pilze schon lange vorbei war, waren/sind die Auswirkungen noch so lange spürbar. Inzwischen habe ich das Gefühl immer seltener, nur z.B. unter Alkoholeinfluss "falle" ich manchmal in ein kleines Loch und habe das ungute Gefühl, ein bisschen verrückt zu werden. Die Gedanken machen sich selbständig und ich kann mich nicht mehr auf Gespräche konzentrieren. Das hat auch nichts mehr mit normalem Betrunkensein zu tun. Aber wie ich auch in dem Bericht schon geschrieben habe, ist alles viel besser geworden, seitdem ich nicht mehr kiffe. Und wie du schon meintest, hilft es viel, das Positive in dem Ganzen zu sehen!

Was hast du damals gemacht, um das Erlebte nach dem LSD-Trip zu verarbeiten?

Und würdest du mir verraten, welche Literatur du zum Thema Realität (-skonstruktion) gefunden hast?

Alles Liebe
Nyokki
 
Abwesender Träumer



dabei seit 2013
347 Forenbeiträge

  Geschrieben: 03.12.15 08:08
zuletzt geändert: 03.12.15 08:19 durch Dono Guitar (insgesamt 1 mal geändert)
@ Nyokki

Ich war damals praktisch noch ein Kind. Und das ist schon eine ganze Weile her. Damals gab es noch kein Internet (zumindest nicht für Privatpersonen), und sich Informationen und Hilfe zu verschaffen, war kompliziert. Mir blieb nur das Lesen von belletristischer Literatur und Sachbüchern, die ich mir in der Städtischen Bücherei auslieh oder von meinem Taschengeld kaufte. Das hat mir wirklich weitergeholfen. Nicht dass die ungewünschten Zustände (Flashbacks, Depersonalisationssyndrom, Depression, Panikattacken) dadurch gleich verschwunden wären, aber ich lernte, sie besser zu verstehen.

Die Literatur zur "Konstruktion der Realität" beginnt schon bei Thomas I. Kant ("Kritik der reinen Vernunft" etc.) und noch früher, und führt bis Paul Watzlawick (Radikaler Konstruktivismus, "Anleitung zum Unglücklichsein" etc.) und über ihn hinaus. Das wäre die wissenschaftlich-philosophische Seite. Es gibt natürlich auch esoterische Literatur zu diesem Thema, zum Beispiel die Bücher über "Seth" von Jane Roberts.

Ich bin normalerweise kein großer Freund esoterischer Literatur, aber die Bücher von Roberts (einem Medium) sind wirklich hochinteressant (z.B. "Gespräche mit Seth"). Auch in den Büchern von Stan Grof, einem der Väter der psychedelischen Therapie (heute: Holotrope Therapie) findet sich eine Menge zu diesem Thema. Hast du in den Büchern der von mir genannten AutorInnen zu lesen begonnen, so werden sie dich zu weiteren Büchern führen.

Wichtig war für mich damals aber auch, eine ganze Weile lang psychedelische Drogen zu meiden.

Geh es mit den Drogen eine Weile langsam an und mute dir nicht zuviel zu. Meistens sagt uns unser Instinkt (z.B. ein ungutes Gefühl oder Angst) ohnehin das Richtige!

Dono

Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.
F. Nietzsche
Moderator



dabei seit 2012
2.839 Forenbeiträge

  Geschrieben: 01.11.16 00:12
Ein ganz toller Tripbericht, der gut als Musterbeispiel für Leute herhalten könnte, die nicht so ganz wissen wie ein Tripbericht auszusehen hat. Hier vergeb ich mal meine seltenen 10/10, weil du sehr detailliert auf die Wirkung eingehst und dich dennoch nicht in esoterischem Gelaber oder halbgaren "wissenschaftlichen Fakten" verstrickst. (Naja gut über das Ding mit der "Seele" hab ich dabei mal hinweg gesehen - jedem das seine :)

Vor allem das Ende hat mir ein ordentliches Aufatmen verschafft. Natürlich kann Cannabis ein guter und starker Trigger für solche Sachen sein, und wenn man während den Cannabisturns dann Symptome wie während des Horrortrips erlebt wirds allerhöchste Eisenbahn eine Pause einzulegen.

Gib deinem Körper und deinem Gehirn Zeit die ganze Sache zu verarbeiten und sich zu regenerieren. Wie lange kann ich dir nicht sagen - aber ohne dich jetzt schocken zu wollen, ein volles Jahr komplette Cannabisabstinenz würde ich für das beste halten. Idealerweise nimmst du in der Zeit so gut wie garkeine Drogen, zumindest keinesfalls welche mit psychedelischer Komponente.

Es kann sehr gut sein das du nach einer ausreichend langen Pause wieder Cannabis genießen kannst, ohne unangenehme Nebenwirkungen. Versprechen kann ich dir das nicht; aber Geschichten die deiner gleichen sind schon oft hier im LdT aufgetaucht und viele von ihnen konnten nach einer Erholungspause wieder genießend konsumieren - zumindest "moderate" Substanzen wie Speed, MDMA oder Cannabis.

Ich wünsch dir alles gute, das wird schon alles wieder in Ordnung kommen :)
Half the fun is learning!
» Thread-Ersteller «
Traumländer



dabei seit 2015
4 Forenbeiträge
1 Tripberichte

  Geschrieben: 25.01.17 20:38
Freut mich, dass dir mein Tripbericht gefällt :)

Du hast Recht, man muss sich selbst eine Menge Zeit geben. In den 1,5 Jahren, die seit meinem Trip vergangen sind, habe ich immer mehr Schritte hin zu einem "normalen" Denken gemacht und war erstaunt, wie lange mich diese Erfahrung noch beeinflusst hat. Inzwischen habe ich den nötigen Abstand zu dem Trip und statt unter dem Geschehenen zu leiden bin ich nur noch völlig fasziniert, zu welchen Selbstheilungsmechanismen unser Gehirn fähig ist. Man denkt ja wirklich, man wird nie wieder normal und kann z.B. den Cannabis-Konsum nie wieder genießen!

Auch andere Drogen sind kein Problem mehr - bloß von Psychedelika werde ich noch sehr, sehr lange die Finger lassen (falls ich es überhaupt noch einmal versuche)

Ganz liebe Grüße
Nyokki
 

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