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Titel:8 Jahre Heroin - endlich frei?
Droge:Heroin
Autor:TherapieFux
Datum:19.07.2008 17:00
Nützlichkeit:8,97 von 10 möglichen   (127 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Also hier mal meine Geschichte:



Ich komme aus einem guten Elternhaus, weder Vater noch Mutter haben jemals Drogen genommen. Ich wuchs dort mit meinem Bruder (3 Jahre jünger) auf.

Mir ging es in meiner Kindheit immer gut, doch als Jugendlicher mit ca. 15 Jahren gingen die Probleme los:



Mit dem Alter von ca. 15 Jahren begann ich mit meinem Freundeskreis zu kiffen, erst noch hin und wieder, nach kurzer Zeit aber dann schon täglich und natürlich immer mehr.

So begann ich ständig in unmittelbarer Nähe zur "Szene" zu agieren und immer wieder neue Leute kennenlernte, bis ich mit ca. 16 Jahren die ersten Versuche mit Extasy, Kokain, Speed und Pilzen hatte.

Vor allem Extasy hatte es mir in der Zeit sehr angetan, so gab es da Phasen in denen ich während der Arbeit (Kaminkehrer-Lehre) auch noch nachlegte.

Irgendwann nach einer durchgefeierten Nacht mit Extasy (ich war da ca. 17 Jahre alt) kam ein Kumpel vorbei der sagte er habe was um schneller runter zu kommen, da Kiffen alleine natürlich wenig brachte. Er sagte nur das es Heroin sei und man mit einer Nase in nullkomma nix wieder herunten währe. Neugierig wie ich war, probierte ich es natürlich sofort aus. Und tatsächlich! Innerhalb von ein paar Minuten musste ich mich anstrengen noch wach zu bleiben. Mir war warm und alles um mich herum war unwichtig geworden. Ein super Gefühl!

Ich nahm es anfangs nur um von diversen durchfeierten Nächten wieder runter zu kommen, aber irgendwann versuchte man es dann auch mal ohne etwas davor eingebaut zu haben. Und selbst da gefiel mir diese Droge mehr als alles andere. Nachdem ich nach 14tägigem Dauerkonsum mal eine Pause einlegte und "nur" leichten Durchfall sowie ziemliches Schwitzen hatte, dachte ich mir noch: "also wenn das der berühmte "Affe" ist, dann ist das ja lächerlich"

Ich nahm es schließlich täglich und natürlich musste ich auch verkaufen, sonst wäre der Konsum zu teuer gewesen. Ich nahm immer mehr, da der gewünschte Effekt so gut wie nicht mehr zu erreichen war.

Im Alter von 18 Jahren gab ich meinem besten Freund Geld mit, damit er mir etwas H mitbringt. Ich hatte damals schon meinen ersten "richtigen" Affen hinter mir, dachte ich zumindest, als dann irgendwann auch leichtes ziehen in den Beinen, sowie Bauchkrämpfe dazu kamen. Und genau das wollte ich an diesem Abend vermeiden. Also gab ich ihm das Geld und er kam wieder, aber statt ein päckchen mit Pulver oder Steinchen gab er mir eine aufgezogene Spritze und sagte das der Dealer in seiner Wohnung es halt aufgekocht hatte und er mir nur das so mitbringen konnte. Ich hatte zwar Angst vor Spritzen, aber noch mehr Angst vor dem Entzug. Also spritzte ich mir das Heroin.

Obwohl es nur eine relativ geringe Menge war, war die Wirkung so intensiv und berauschender als je zuvor (und wie ich später feststellen musste, auch wie jemals danach).

Ab diesem Tag drückte ich mir täglich Heroin. Mir ging es dabei ja nicht mal schlecht, ich hatte dann auch eine Freundin die ich liebte, sowie sie mich auch. Ich schaffte trotzdem meine Gesellenprüfung (wenn auch gerade noch so).

Dann hatte ich jedoch keine Arbeit, wohnte mit meiner Freundin bei deren Mutter und drückte jeden Cent den ich hatte direkt in meine Blutbahn. Nach einiger Zeit (ich war da 20.) wurde meine Freundin (sie war da selbst schon seit ca. einem halben Jahr auf H) schwanger. Nach Rücksprache mit dem Frauenarzt und einem Arzt mit Methadonprogramm, entschieden wir uns gemeinsam zu einem ambulanten Entzug mit Methadon, jedoch schnell genug um nicht zu lange in der Schwangerschaft im Programm zu sein. Meine Freundin schaffte es nach dem Entzug bis zum Ende der Schwangerschaft clean zu bleiben, ich jedoch werde gleich an meinem ersten Nulltag rückfällig und bleibe es weiter auch wenn ich kurzzeitig nochmal bei dem Arzt im Programm war.

Nach der Geburt meiner Tochter 2004 suchte ich mir eine Arbeit als Kaminkehrer und für uns drei eine Wohnung. Ich war in dieser Zeit immer noch drauf, genauso wie meine Freundin wieder.

Im Januar 05 zogen wir in eine gemeinsame Wohnung und ich arbeitete als Kaminkehrer. Doch nach nur 6 Monaten wurde ich wegen ständiger Fehlzeiten und zu Spät kommen wieder entlassen. Ich verlor meine Arbeit und natürlich früher oder später auch die Wohnung. Dass mir dann im Juni 05 auch noch der Führerschein genommen wird, trifft mich besonders hart. Im Juli 05 muss ich aus der Wohnung raus, ich zieh in eine Notunterkunft, meine Freundin zurück zu ihrer Mama. Wir versuchen es erneut im Methadonprogramm, ich bekomme mit 16ml täglich eine sehr hohe Dosis. Dennoch hab ich ständig Beikonsum und noch schlimmer ich: Ich beginne mich jeden Vormittag nach der Ausgabe zu besauffen und Benzos wie Bonbons zu fressen.

Nach der Trennung mit der Freundin wurde es natürlich auch nicht besser und nachdem ich sowieso nach §35 eine Therapie antreten musste, entgiftete ich im Oktober 05 stationär um dananch in Augsburg meine erste Therapie anzutreten.

Ich beendete die Kurzzeittherapie nach 6 Monaten einschließlich Adaptionsphase, nach vielem Anpassen und Durchschlängeln und ging zurück in meine Heimatstadt um dort in einem betreuten Wohnen anzufangen, womit ich 6 Monate davor aufgehört hatte. Nach drei Monaten wurde ich aus dem Betreuten Wohnen direkt in die Entgiftung entlassen. Nach einem Monat Entgiftung begann ich meine 2. Therapie in München. Nach einem Monat wurde ich dort zusammen mit meinem Kumpel wegen eines Alkoholrückfalls entlassen.

Wir blieben in München, wohnten im L43 und verballerten all das Geld das wir hatten. Danach wieder zurück "nach Hause" und wieder in die Notunterkunft gezogen. Mir ging es dreckig und dann entschloss ich mich erneut für eine Therapie zu bewerben und zwar nicht NUR wegen dem Gericht, sondern auch wegen MIR.

Ich begann am 1. Feb. 07 meine 3. Therapie in Eglharting bei München wurde wegen 2 Rückfällen nach 9 Monaten querverlegt auf meine 4. Therapie nach Augsburg, die ich dann am 18. Februar 08 regulär und ohne Rückfall beendete.

Seitdem wohne ich, immer noch clean, in einer betreuten WG in München. Ich habe wieder feste Arbeit und einen geregelten Tagesablauf und immer noch ein bisschen Therapie. Im Momemt geht es mir ziemlich gut, so gut wie lange davor nicht mehr. Aber hin und wieder, fehlt trotzdem etwas. Ich kann es aushalten und es ist nicht mehr so stark wie am Anfang, aber es ist immer noch da...

Ob ich es schaffe immer clean zu bleiben, weiß ich nicht. Im Moment siehts ganz gut aus, aber ich weiß dass ich immer aufpassen muss und ich hoffe dass ich das nie vergesse