Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Shifting Reality - eine Reise durch die verzauberte Märchenwelt
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:Crixxalis
Datum:10.09.2012 00:48
Set:Gelassen, zufrieden, voller Vorfreude, leichte Aufgeregtheit
Setting:Zu Hause bei einem Freund, im Wald, bei mir zu Hause, im Stadtgarten, am Fluss...
Nützlichkeit:8,90 von 10 möglichen   (42 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Sonntag, 7:30 Uhr morgens. Endlich wach, endlich klar. Keine afterglows, Normalität. Alles ist so echt. Irgendwann musste es schließlich wieder normal werden. Der Verarbeitungsprozess beginnt...


Vorwort: Bei der von mir konsumierten Substanz handelt es sich nicht um psilocybinhaltige Pilze, sondern um das Tryptamin 5-MeO-MiPT, auch bekannt als "moxy", welches nach mehreren mir persönlich bekannten Quellen zufolge eine fast identische Wirkung zu Pilzen verursacht. Des Weiteren sei gesagt, dass ich diese Substanz niemals konsumiert hätte, wenn ich wüsste, was für Veränderungen der Realität sie erzeugt und welche Wirkungsdauer sie hat. Ich hätte mich bewusst niemals so spontan dazu entschlossen, eine so starke Droge zu konsumieren, ohne die richtigen Sicherheitsmaßnahmen und Safer-Use Regeln zu befolgen, denn hierbei handelt es sich um mein erstes Mal Psychedelika überhaupt. Die Wikipedia-Artikel und diverse Internetquellen, unter anderem das LdT und eve-rave.ch erzählten nämlich von einer sehr marginalen, optisch schwachen und anfängerfreundlichen Wirkung mit einer etwa dreistündigen Wirkungsdauer. Lasst euch nun vom Gegenteil überzeugen! :-)


Vorgeschichte:
Hans war endlich da und so betrunken, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Ich musste quasi die ganze Nacht über auf ihn aufpassen, er wollte andauernd rausgehen und chillen, ich konnte drinnen nicht tanzen, irgendwer musste ja auf ihn aufpassen. Aber die soziale E-Ader hat mir auch direkt verboten, irgendwas anderes zu tun, als ihm beizustehen. Die Zeit verging, die Musik wurde nicht besser. Die Wirkung klang leicht und sachte ab, die Uhr schlug mittlerweile etwa 3:30 Uhr. Hans und ich entschieden uns spontan, zu ihm zu gehen. Wir waren beide noch nicht müde und so beschloss ich, das moxy auszuprobieren. Ich war in guter Laune und sehr gelassen, Angst hatte ich nicht. Die Wikipedia-Artikel und diverse Tripberichte erzählten von einem spirituellen Trip mit nur marginalen Optics, vielen CEVs, starken Synästhesie-Effekten und einer etwa 3-4 Stunden langen Wirkung. Mein Plan war nun, bei Hans zu chillen und gegen etwa 8 Uhr morgens, wenn der Peak abgeklungen ist und draußen noch nicht so viel los ist, nach Hause zu gehen.



Drehen wir die Uhr zurück auf Mitternacht von Freitag auf Samstag. Ich hatte die blaue no1 vor anderthalb Stunden konsumiert und peakte. Alles war sehr schön und gut, im Club konnte ich aber niemals länger als 15 Minuten drin bleiben, die Dosis von 180mg war auf so einen nüchternen Magen (ich habe seit 17 Uhr freitags absolut nichts mehr gegessen) zu stark. Reizüberflutung herrschte innerhalb vom Club.

Die Dosis des Moxy betrug gut 10-11mg, das Handy zeigte mittlerweile 4:00 Uhr morgens an. Mein Bauch war absolut leer, die Wirkung wurde dementsprechend stärker. Mein Kollege versuchte mich direkt davon zu überzeugen, die vollen 14mg zu konsumieren, welche ich aber aus Vernunft (zum Glück!) nicht tat.



Der eigentliche Trip, Part 1:

Die ersten Minuten vergingen, ein leicht verändertes Körpergefühl entstand und meine Farbwahrnehmung intensivierte sich stark. Der Bodyload war dem Gefühl eines MDMA-Körperfeelings gar nicht so unähnlich. Viele Ähnlichkeiten. Markantester Unterschied war die stärkere Leichtigkeit, dafür weniger schwungvoll und zittrig, Koordination mit den Beinen war etwas schwerer, dies hatte etwas von einem starken Alkoholrausch. Mein Sprachfluss wurde langsamer, ich musste oft stottern und mich wiederholen. Hans und ich spielten ein auf E-Talk basiertes Spiel, bei dem es darum ging, den Charakter des Gegenüber mit möglichst wenigen und treffenden Worten zu beschreiben. Zeitgleich wurde mein Geist von komplexen Gedankengängen durchflutet. Die zuvor schon vorhandene, empathogene Komponente, durch die Nachwirkungen des MDMA ausgelöst, verstärkte sich augenblicklich. Assoziationen und zuvor vergessene Erinnerungen über vergangene, gemeinsam erlebte Tage zu zweit konnten sofort abgerufen werden. Das Level an Kreativität, welches bei mir normalerweise schwach ausgeprägt ist, nahm enorme Gestalt an. Mit Hilfe meines erweiterten Gedächtnisses konnte ich sehr spezielle Szenarien abrufen, verbinden und so den Charakter meines Kollegen in wenigen Sätzen definieren. Laut seiner Aussage traf ich es ziemlich genau. ;-)



Jetzt war er an der Reihe. Jedes Wort, das aus seinem Mund kam, erzeugte bei mir weitere Assoziationen in Bezug auf meinen eigenen Charakter, ich begann zu reflektieren und abzugleichen und das mit einer unvorstellbar hohen Geschwindigkeit. Ich versank weiter in Gedanken, alles wirkte etwas verträumt und surreal, ich verlor den Roten Faden und kommunizierte mit meinem erweiterten Unterbewusstsein. Es kamen sehr schöne, teilweise gar vergessene Kindheitserinnerungen hoch. Negative Emotionen waren in diesem Augenblick nicht vorstellbar. Meine Laune wurde immer besser, mein Herz wurde von leichten Euphorieschüben erfüllt. Es folgten viele Umarmungen, der Tastsinn war so intensiv, man konnte jeden Kontakt gleichzeitig und viel detailreicher erfassen, so als ob man am ganzen Körper so viele Nervenenden wie an den Fingerkuppen hätte.



Etwa eine halbe Stunde später machten sich erste Optics bemerkbar, welche bei mir zu großer Verwunderung führten, da ja laut Internet diese nur, wenn überhaupt vorhanden, sehr schwach sein sollen. Erstmal setzte ich mich an den PC und machte Musik an. Ich hatte sichtbar Schwierigkeiten bei der Musikauswahl und entschied mich für entspannenden Dubstep (http://www.youtube.com/watch?v=tEA2prf_x48). Das weiße Licht der Tischlampe am Computer wirkte plötzlich so intensiv und glitzernd... Tatsächlich hatte ich für wenige Minuten das Gefühl, es sei plötzlich wieder hell trotz heruntergelassenen Rollos. Noch verblüffte war ich, als ich mich wieder aufs Bett setzte und mich von der Lichtquelle distanzierte - es war doch noch dunkel. Mein Blick fiel nun auf die ausgeschaltete Lampe an der Decke. Morphing machte sich nun bemerkbar. Schattierungen entstanden sekündlich an allen kantigen Stellen der Lampe. Man hatte das Gefühl, hunderte Lichtquellen im ganzen Raum verteilt zu haben, welche augenblicklich ihre Intensität änderten. Noch beeindruckter wurde ich, als sich mein Fokus auf die Zimmerdecke legte. Purpure und graue Verzierungen tanzten und verflossen ineinander, als ob eine Discokugel von weiter Ferne leuchtete und die Reflektionen an dieser Decke bildete. Ich versank weiter in Gedanken, hörte nebenbei der Musik zu, welche meinem Hören nach sekündlich die Kanäle und Intensivität der Boxen änderte. Besondere Klänge und Dropdowns wirkten hervorgehoben. Die Lightshow an der Decke fing an, sich dem Rhythmus der Musik anzugleichen, das Verfließen der regenbogenähnlichen Muster synchronisierte sich mit dem Takt des sich immer veränderten Dubsteps. Erste Anzeichen von Synästhesie machten sich also bemerkbar. Ich versank noch weiter in Gedanken, ich wurde immer verträumter und glitt weiter in einen tranceartigen Zustand...



"Hey Crixxalis, magst du mir mal das Ladekabel für mein Handy geben?"

Ich stand auf und guckte rechts vom Bett ins Kabelsalat.

"Sag mal willst du mich verarschen? Das Einzige was ich da sehe, sind Verzierungen und schwarze Kreise, die sich verdammt schnell bewegen."

Hans zog das Ladekabel aus den schwarzen Mandalas hervor und ich war beeindruckt von seiner Geschwindigkeit und Präzision. Noch erstaunter war ich darüber, dass dort tatsächlich das Ladekabel lag, welches für mich in den tanzenden Schatten absolut nicht zu erkennen war.



Kurz darauf entschied ich mich, auf die Toilette zu gehen. Im Flur (ich durfte das Licht nicht anmachen, da sonst die Gefahr bestand, dass die Eltern wach werden) konnte ich, obwohl ich mich hier bestens auskannte, nichts erkennen. Einzig zu sehen waren große, dunkeltönige Punkte, die sich über mein ganzes Blickfeld erstreckten und mit rasender Geschwindigkeit flogen. Wieder in Hans' Zimmer bat ich ihn um Hilfe. Er führte mich bis zum WC und gab mir eine kleine Lampe mit als Hilfe für den Rückweg. Dabei war er nie genervt. Im Gegenteil, er hatte Spaß daran, mir helfen zu können. Von jetzt an fand eine Art Rollentausch bei uns statt. So musste ich zu Beginn des Abends auf ihn aufpassen, da bedingt durch den Alkohol der Grad bis zum Übergeben sehr klein war. Meine zuvor stark ausgeprägte soziale E-Ader hat sich natürlich gefreut, ihm helfen zu können. Jetzt war seine (er schmiss nebenbei kleine Mengen MDMA nach und konsumierte ebenfalls meine Reste des Moxy, das waren etwa 3-4g) E-Ader an der Reihe. ;-) Hans wurde ab jetzt für mich eine Art großer Bruder, Aufpasser und Reiseführer zugleich geworden. Ich dagegen glich viel mehr einem kleinen, fasziniertem Kleinkind, welches seine ersten Schritte wagte.



In der Toilette angekommen - ich las aus diversen Psychedelika-Berichten, man solle sich nicht zu sehr im Spiegel verlieren - warf ich nur einen recht kurzen Blick auf Letzteren. Gigantische Pupillen starrten mich an, die rechten und linken Hälften meines Kopfes bewegten sich in einer Art quadratischer Form nach oben und unten, Gesichtszüge- und Partien entfernten sich voneinander, alles wirkte sehr abstrakt, aber nicht befremdend. Der Urinstrahl beim Klogang war kaum erkennbar, viel eher sah ich glitzernde Lichtreflektionen, an welchen ich mich orientieren musste. Die kanalwechslende Akustik machte den Vorgang nicht gerade leichter. Zurück im Zimmer und verblüfft von der Intensität des Lichts an der kleinen Taschenlampe, schlug Hans einen Locationwechsel vor, damit ich mehr Sinneseindrücke der Welt bekomme. Wir entschieden uns, am Rande der Stadt an einer großen Wiese vorbeizulaufen und dann zu mir zu gehen.



Die Uhr zeigte mittlerweile ca 6:00 Uhr morgens, es wurde langsam hell.

Der Anblick des ersten Grüns außerhalb des Hauses machte mich total baff. Ich bekam eine Reizüberflutung, wie ich sie noch nicht kannte. Purpure Farben waren überall zu sehen, leichte Muster malten sich ins Gras hinein und wechselten augenblicklich ihre Form. Jeder Grashalm und jedes Baumblatt konnte ich einzeln erkennen und erfassen, alles wirkte so scharf und geglättet. Ich lief viel langsamer, musste die Gegend erkunden. Euphorie durchflutete meinen Körper und Geist. Mir wurde klar, dass erst jetzt der eigentliche Trip beginnt. Dies sollte für eine lange Zeit mein einziger, ansatzweise klarer Gedanke sein. Von nun an wurden die Gedanken durch das Handeln gesteuert. Oder anders gesagt: Man läuft einfach auf Autopilot und handelt ohne Struktur und Verstand. Zeit spielt keine Rolle mehr, ihre Existenz wurde mehr und mehr irrelevant. Das alles überforderte mich leicht, ich sank immer weiter in Trance, lief noch langsamer und verlor immer mehr Bezug zur Realität... alles wirkte so traumartig. Ebenen wurden schwer zu erkennen, alles sah aus wie ein hochaufgelöstes Bild, in welches ich reinzoomen und diverse Morphs betrachten konnte. Durch diese Ebenenverschiebung hatte ich zudem das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen. Distanzen abschätzen von sich nicht bewegenden Objekten war absolut unmöglich. Hans lief, angehaucht durch den MDMA-bedingten Tatendrang, immer weiter voran. Je weiter weg er war, desto mehr Panik bekam ich. Mein einziger Realitätsanker und Reiseführer in dieser fremden Welt...



Als ich ihn lauthals zu mir herbat, war die Angst augenblicklich verschwunden, alles war wieder "normal". Emotionen durchfluteten mein Gehirn und verdrängten jede Form von Gedanken. Ich glitt immer mehr in einen Kindheitszustand, angetrieben von meinen Gefühlen und mit stark verzerrtem Urteilsbewusstsein. Die Straße, die wir entlangliefen, war ein leichtes Gefälle. Spontan entschloss ich mich dazu, seitlich runterzurollen. Hans hat natürlich mitgemacht. Mein Gott, war das ein Spaß! Das Kleinkind entdeckt die verzauberte Traumwelt und macht keine Anstalten, auf welchen Spaß auch immer zu verzichten. Während des Städtetrips (aus welchen Gründen auch immer morphten Autos, Gebäude und alles "Naturfremde" stark abgeschwächt im Vergleich zu dem "Leben") - es war noch relativ leer auf den Straßen, ich konnte fremde Gesichter nur schwer erkennen, die Optiken, die sich mir boten, waren fremdartige und verunstaltete Visagen, welche ich nur als nächster Nähe als solche überhaupt erkannt habe. Das Morphing war an anderen Menschen besonders stark, Beine wurden im Sekundenschlag lang, dünn, dick und breit. Gesichter bekamen verstörende Gesichtszüge. Ich rechnete mit Paranoia und einem Gefühl des beobachtet-werdens. Beides war für mich absolut nicht existent, vorbeilaufende Menschen störten mich kaum. Es gab einfach so viele interessantere und herrlichere Dinge zu betrachten als fremdartige Leute, die fernab meiner Realität sind.



Hans lief ein Bisschen voraus und entführte mich in einen kleinen Tunnel. Der helle Morgen wurde für wenige Sekunden zur Nacht, ich verlor Hans aus meinen Augen und was sich in diesem Tunnel entfaltete, werde ich wohl niemals vergessen: Besprayte Wände und ihre Muster fingen an, in allen Farben zu leuchten und wurden zu dreidimensionalen Verzierungen, welche begannen, ineinander zu fließen. Bunte, fraktalartige Mandalas erstreckten sich über mein Blickfeld. Diesmal waren die Muster äußerst komplex und schienen für mich eine Art tieferen Sinn des Lebens auf mystische Weise darzustellen. Der Gedankenfluss wurde mit Kreativität überströmt. Als ich den Boden des Tunnels betrachtete, zeichneten sich ägyptische Hieroglyphen, welche sich blitzschnell und inschriftartig in weißer Farbe eingravierten. Als ich meinen Blick losreißen konnte und geradeaus schaute, sah ich Hans, wie er mit dickem Grinsen und offenen Armen am Ende des Tunnels auf mich wartete. Mein Kopf explodierte in einem Rausch voller Emotionen und purem Glück. So eine erfüllende und wahrhaftige Euphorie habe ich im Moment der Umarmung noch nie empfunden. Sie kam einfach so tief aus dem Herzen heraus und wirkte so natürlich. Ich war kurz vor den Tränen, ich strahlte förmlich. Für einen kurzen Moment hatte ich das mir bisher nur durch MDMA bekannte Film-Feeling, mit mir als Hauptprotagonisten. ;-)



Es ging weiter Richtung Stadtwiese. Als ich das riesige Grasfeld erblickte, bekam ich den nächsten Euphorieschub ähnlicher Stärke. Ich konnte jeden Grashalm, welcher sich über mein halbes Blickfeld ausbreitete, individuell erkennen. Alles färbte sich in gigantische, purpur- und blauartige Fraktale mit äußerst rätselhaften, aztekisch angehauchten Verzierungen, welche in enormer Geschwindigkeit über die Wiese flogen. Ich lief sehr langsam und konnte mich dieser Faszination einfach nicht losreißen. Adern und einzelne Grüntöne der Halme waren gestochen scharf und wehten mit einer windartigen Bewegung in die Richtung, in welche sich die Fraktale bewegten (das alles hatte eine starke Ähnlichkeit zu dem Spiel "Flower" für die Playstation 3, wenn man eine bestimmte Zone geschafft hat und die Welt erblühte). An der Wiese vorbei entführte mich Hans zum Spielplatz, welcher - es war nun etwa 7:30 Uhr morgens - noch komplett leer war. Das Kindheitsgefühl wurde noch stärker, Erinnerungen kamen hoch, ich fühlte mich wie ein neugeborenes Baby, welches krabbelnd und kichernd die fabelhafte Märchenwelt erkundete. Natürlich durfte eine Runde schaukeln auf meiner Reise nicht fehlen! Als mein Blick zufällig auf den Boden schweifte, erkannte ich im Sand jedes einzelne Korn über mein ganzes Augenspektrum. Das erweiterte Bewusstsein vergrößerte meinen Fokuspunkt enorm. Hans malte Häuser und Muster in den Sand, parallel dazu erschuf mein Gehirn weitere Muster und einfache Verzierungen. Weiter oben setzten wir uns auf meine Bank und ich staunte über Regenbogenmuster im Himmel, scharfe Bilder mit einem in meinen Augen vorhandenen Zoomeffekt und der nicht existierenden Ebenen. Trotz der Tatsache, dass ich die Gegend in-und auswendig kannte, konnte ich nicht unterscheiden, welche Häuser wie weit entfernt waren. Die Dächer flossen ineinander und ergaben ein Ganzes, Bäume wurden zu Wäldern. Je länger ich die Bäume betrachtete, desto mehr Blätter und Äste bekamen sie, sie wuchsen einfach immer weiter. Die Bilder, die sich mir dabei ergaben, schienen keineswegs unreal. Je länger ich mich mit der Natur im Geiste befasste, desto mehr erkannte ich den Ursprung allen Lebens in dieser, wortwörtlich. Nach kurzer Rast an der Bank ging es direkt zu mir. Ich war von der Idee nicht besonders begeistert, aber mein Urteilsvermögen war einfach so verzerrt, dass ich meinem "großen Bruder", wie er es den Trip über für mich war, ohne Weiteres vertraute.



Daheim angekommen ging es direkt aufs Klo. Ein kurzer Blick in den Spiegel verriet mir, dass das Morphing im Gesicht unfassbar stark war, die rechten und linken Gesichtshälften bewegten sich brockenartig hin und her, meine Pupillen wurden durch längeres Betrachten so groß, dass sie fast das ganze Auge füllten. Noch längeres Betrachten erschuf eine dritte Dimension: Mein Gesicht fing an, aus dem Spiegel rauszukommen und kam mir immer näher. Zudem hörte ich auch noch Knackgeräusche im Schlafzimmer meiner Eltern. Eine Art Panikattacke überflutete die immer weiter schwindende Euophorie, ich riss den nun Blick vom Spiegel endlich los und ging in mein Zimmer.



Hier machte ich direkt den PC an und tippte das Passwort gute 5 Mal falsch ein. Ist ja auch nicht so leicht, wenn die Buchstaben des Keyboards wackeln, ineinander verfließen und einzelne Tasten zwischendurch hervorkommen und sich strecken! ;) Der Musikplayer (foobar2000) pulsierte unaufhörlich in Weiß- und Grautönen, einzelne Desktopverknüpfungen stachen heraus oder veränderten wackelnd ihre Position... mir wurde sehr unwohl, Paranoia machte sich bemerkbar. Ich verlor wieder den Draht zur Realität, verzweigte mich in negativen Gedankenschleifen. Kommunikation war zuvor immer sehr stabil und fortlaufend, wir unterhielten uns pausenlos und laberten uns gegenseitig über unsere Faszination zu. Durch den weiteren Realitätsverlust wurde ich von jetzt an immer stiller, Hans musste einzelne Wörter mehrmals wiederholen, bis ich sie verstand. Die Akustik war so stark gepitcht und verzerrt, dass für mich nur einzelne Laute ohne Sinn aus seinem Mund kamen. Bis ich das Wort dann endlich verstand, vergaß ich den Rest des Satzes. Als ich diesen dann auch noch kapierte und bis dieser dann auch noch einen Sinn für mich ergab, vergingen schon ein paar Minuten (nur um zu demonstrieren, wie weit die Realität mittlerweile von mir entfernt war). Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, ich driftete immer weiter ab. Angst machte sich immer weiter bemerkbar. "Was passiert, wenn meine Eltern mich gleich sehen? Meine Pupillen verraten mich sofort..." Also versuchte ich, mich selbst zu beruhigen, indem ich auf mich einredete, dass schon alles kein Problem sein wird. Zwischendurch betrachtete ich eine musterförmige Verzierung, ausgeschmückt mit Blumen, deren Stil etwas Kirchliches hat an meinem Fenster, welches meine Mutter vor ein paar Monaten gekauft hat als eine Art Sonnenschutz. Dieses dreieckige, obere Teil des Fensters lud quasi zum Morphen ein. Die schon zuvor vorhandenen blauen und lilanen Farben reflektierten das glitzernde Licht der Sonne. Die Symbole flossen zusammen in ein Ganzes, welches wasserartig und im "göttlichem Schein" eine sehr intensive und reale dritte Dimension erzeugte. Aus dem Wasser ist ein Bach geworden, welcher aus dem Fenster hinausfloss und den Himmel empor in die Unendlichkeit steigte, begleitet von starkem Glitzern und Lichteffekten, wie man sie aus Computerspielen oder göttergleichen Himmelswesen kennt. Das Ganze hatte eine enorme Faszination in mir ausgelöst und wirkte tief in meine Psyche mit einem übernatürlichen Touch ein. Was sich am Ende ergab, war eine Art mit wasserfarben bemaltes Bild, wie man es auch Kinderbibeln und Märchenbüchern kennt, natürlich gestochen scharf, immer weiter planschend, morphend und den Himmel hinauffließend... das Peak-Level hat mich nun ergriffen.


Von nun an wirkte alles noch surrealer und traumartiger, ich verlor mich ganz und gar in den Optics, Kommunikation schien unmöglich, ich ließ alles los und ging immer weiter in Trance. Der nächste klare Gedanke sagte mir, ich solle noch einmal aufs Klo gehen. Der Spiegel wurde bewusst ignoriert, der Urinstrahl war mittlerweile nicht mehr sichtbar. Es klopfte an der Tür. Die zuvor wieder schwindende Angst meldete sich erneut. Mein Vater kam herein, im selben Moment grüßte ich ihn flüchtig und verschwand direkt in meinem Zimmer, ohne ihm in die Augen zu schauen. Das Morphing war nun so stark geworden, dass sein Körper quasi vibrierte und wackelte und das so stark, dass es so aussah, als sei er kurz davor, zu zerreißen (das Ganze erinnerte an den Film "Der Rasenmähermann", nur nicht ganz so extrem). Adern und Gliedmaßen pulsierten in dunklen Farben und nahmen bedrohliche Formen an. Zurück in meinem Zimmer nahm die Angst langsam überhand. Hans begriff die Situation ziemlich schnell, rede auf mich ein und schlug letzendlich vor, wieder rauszugehen bis das Peak-Level unten ist. Ich war schnell überzeugt, nahm eine Flasche Wasser mit und wir gingen raus (die ganze Szene bei mir zu Hause war keine 20 Minuten lang). Beim Rausgehen schaute ich im Flur auf den Boden, welcher bei den Treppen eine Art Keramikverzierung hatte, mit mondsichelartigen Verfärbungen. Mein Gehirn formte dies in dunkelfarbige, schnell gleitende Fraktale um, die im ganzen Flur kreisten, als ob ein Flipper über den ganzen Flur an allen Wänden betätigt wird, welcher mit sich komplex verformenden Zeichnungen, die sich dauerhaft in einem endlosen Tanz um ihre eigene Achse drehen, umherschoss.




Die Reise geht weiter, Part 2:

Als wir draußen standen, verschwand jede Form von Panik, Angst und Paranoia sofort. Ich fand meinen roten Faden in dieser bunten und verrückten Welt wieder. Die Euphorie kam langsam aus dem Herzen empor. Jetzt ging es ab zum Turm unterhalb des Stadtgartens. Von dort aus hatten wir eine fantastische Aussicht. Ich fühlte mich wie auf Abenteuersuche. Das Besteigen der steinigen Treppen hatte etwas Magisches und Rätselhaftes. Alles pulsierte und floss ineinander, verschiedene Glyphen, die an die Maya erinnern, entstanden entlang der alten Steine. Wie in einem Film, bei dem ein paar Forscher in einer Pyramide mit Fackeln nach verborgenen Geheimnissen suchten und Inschriften fanden, so gravierten sich diese während ich die Treppen hinaufstieg in die Turmmauern ein, es wirkte alles so ... göttergleich. Oben angekommen erwartete mich der nächste Schub puren Glücks. Um es mal in Gamersprache zu fassen: Die Pixelanzahl hat sich etwa verzehnfacht, alles war so scharf, dass ich zum Teil einzelne Dachstücke von kilometerweit entfernten Häusern erkannte. Die nicht-existenten Ebenen wurden hier noch klarer, alles gleichte einem Bild, welches man aus der Vogelperspektive anschaut. Bunte Regenbögen flossen den Himmel entlang. Auf diversen Straßen fahrende Autos und Hausfenster reflektierten das Licht mit enormen Glanz. Ich konnte mehrere hundert dieser Reflektionen gleichzeitig erfassen, mal abgesehen von den ganzen Viechern, die in meinem Blickfeld rumflogen, so viele Menschen, die sich bewegten usw. Die Sonne strahlte mir direkt ins Gesicht, ein sehr intensives Erleben in diesem Moment, da sich die Sonne zum ersten Mal richtig zeigte. Liebe!



Nach längerem Chillen auf dem Turm wurde ich dazu überredet, noch ein halbes Teil (90mg) zu schmeißen. Mein Urteilsvermögen wehrte sich nicht lange und mein Reiseleiter wusste sowieso immer, was gut für mich ist. ;-) Ich würde ihm wohl bis zum Ende der Welt folgen in dem Zustand, so kindlich anhänglich, leicht zu beeindrucken und abenteuerlustig, wie ich in dem Zustand war. Die Reise sollte nun weitergehen, ab in den Stadtgarten, so hieß es. Ab jetzt bekamen die Wörter "verzaubertes Märchenland" nun ihre wahre Bedeutung... wir liefen am glitzernden Steinbrunnen mit strahlendem Licht, umfasst von einer heiligen Inschrift, gefolgt von Holzbrücken und Steinchen, welche sich im Wasser tummelten und purpure Muster ergaben, vorbei. Alles pulsierte so stark, Regenbögen schwommen durch den Horizont. Mehrere Vögel von prächtiger Statur flogen zwitschernd hinaus, als wir die Brücke überquerten (nein, dies war keine Halluzination, sondern reiner Zufall, welcher mir wieder das Film-Feeling zurückbrachte. "Friedenstauben!", das war mein erster Gedanke bei diesem Anblick). Ein altes Kriegsdenkmal mit Gräbern, kleinen Statuen und Mauern, umgeben von Überstrahleffekten und göttlichem Licht pulsierte in Lila- und Grautönen. Die Schriften der Steintafeln in altdeutschem Stil bekamen eine leuchtende Eingravierung, neue Buchstaben und Glyphen entstanden in Sekundeneile. Alles wirkte so tiefgreifend und still. Nun fing auch Hans an, Optics zu schieben und war genau so glücklich wie ich, parallel dazu schoss das halbe Teil hoch und versorgte uns mit noch besserer Laune, Aktivität und Abenteuerlust! :-) Die Wirkung war bei mir zwar nicht besonders stark, aber dennoch präsent. Die Vibes und der Bodyload rückten wieder in den Vordergrund, Euphorie wurde noch stärker... Wir unterhielten uns ausschließlich über unsere Emotionen, wie glücklich und entzückt wir doch seien. Hans machte einfach den perfekten Reiseleiter, immer motivierend, total in Fahrt, freundlich und voller Inspiration. Unterwegs liefen wir erneut an einem Spielplatz vorbei, auf welchem eine riesige Rutsche mit mehreren Leitern gebaut ist. Natürlich sind wir Verrückten diese hochgeklettert. Das Gefühl alter Emotionen; eine tiefe, kindliche Zuneigung, welche ein (fast) Jeder seinen Eltern gegenüber verspürt, trat hervor. Die Rutsche runterzufahren war ein riesen Spaß!

Hans' nächste Idee sollte mir die definitiv bis heute noch anhaltende, spirituelle Naturverbundenheit verleihen. Natürlich sollte ich möglichst viele Sinneseindrücke und Facetten der Droge kennenlernen. Also ging's los Richtung Wald, welcher sich nur 100 Meter entfernt oberhalb des Stadtgartens erstreckte.



Zum Glück hatte ich mein Handy dabei, denn mein Zeitgefühl war total verzerrt. Es war nun etwa 10:30 Uhr morgens, das Peak-Level war jetzt vorüber, ich driftete nicht mehr ab und konnte mich, wenn auch mit Schwierigkeiten, normal verständigen. Das Wetter war herrlich, gute 30°C bei strahlender Sonne und wolkenlosem Himmel. Als wir den Wald betraten, entpuppte sich wieder das Bild eines verzauberten, traumhaften Märchenlandes. Überall lilafarbene Blätter, die weiter wuchsen und ihre Gestalt änderten, Regenbögen, Vogelgezwitscher...

"Hans, wie schaffst du das jedes Mal? Egal wo wir hinkommen, es wird immer schöner und fabelhafter! Du toppst das wirklich jedes Mal!"

"Ich sollte Reiseführer von Beruf werden!"

Genau so sah es aus. Der Trip ging nun weiter bis zu einer Bank am Rande des Waldes, von welcher aus man eine noch bessere Aussicht über die Stadt hatte als auf dem Turm. Weitere Wellen des Glücks von ungeheurem Ausmaß fluteten explosionsartig an. Nach einer kurzen Pause beschloss mein Reiseführer, dass wir jetzt klettern gehen!

"Ach komm schon Hans, lass uns noch ein Bisschen hier bleiben."

"Okay, einen kurzen Augenblick. Dann geht es weiter!"

"Wow, das hast du so schön gesagt... Ein kurzer Augenblick..."

Wieder einmal begriff ich wie nutzlos und irrelevant Zeit in diesem Zustand doch eigentlich war.

Jetzt begann das wohl aufregendste Abenteuer meines Lebens, Film-Feeling pur! Es sollte zunächst etwas bergauf gehen. Die Steigungen wurden immer höher, ich kletterte aus grobmotorischen Gründen sehr vorsichtig und erkundete die Gegend dabei ganz genau. Sich ineinander verfließende Blätter und Zweige, krabbelnde Tierchen, summende Bienen, der wunderschöne Geruch nach Natur... es gab immer etwas Neues zu entdecken. Hans musste mich teilweise mit einer Hand hochziehen oder mir helfen, er ging dabei immer ein Stück voraus und streckte seine Hand zu mir, ich musste sie natürlich greifen, sobald ich konnte. Die empathogene Komponente wurde so intensiv, Emotionen über Freundschaft, Gespräche über Kindheit und das Kennenlernen fanden statt. Ein gigantischer Steinbruch würde sich laut Hans weiter unten befinden. Er kannte die seltsamsten Wege durch den Wald, weil er früher oft mit seiner Familie hier gewandert ist. Als wir über dem Steinbruch standen, weigerte ich mich zunächst, dort runterzuklettern. Durch meine beschränkte Motorik und das starke Gefälle wäre die Gefahr zu hoch, abzurutschen. Aber Hans konnte mich natürlich wieder davon überzeugen, mitzukommen. Es war wirklich ziemlich anstrengend mit all den Dornen und (welche man aber kaum spürte, auch wenn sie in die Hände stachen) den ganzen verstaubten Steinen und losen Ästen. Als ich zum Steinbruch hinuntersah, konnte ich nicht sagen, ob wir noch 50 oder 500 Meter weiter runterklettern müssten. Die Distanz war für mich nicht abschätzbar, ich sah nur viele prachtvolle, leuchtende Blätter, die alle ein großes, zweidimensionales Bild ergaben. Hans musste mir oft helfen und streckte seine Hände zu mir oder nahm meine Jacke ab, damit es mir nicht zu schwer fiel.

"Sieht bestimmt ziemlich lustig aus, wie ich hier runterklettere..."

"Das machst du gut!"

Er sagte das so ehrlich und natürlich, sodass ich einen enormen Motivationsschub bekam gepaart mit der nötigen Energie, um die letzten paar Meter runterzuklettern. Bei dem riesigen Steinbruch angekommen, umgeben von Wald und Bäumen, war ich zunächst über den einigermaßen festen Boden unter den Füßen beruhigt. Als wir uns hinsetzten und uns über das Erreichen unseres "Hauptziels" freuten, erkannte ich sie, diese ungeheuer große Steinmauer. Ihre Statur war tief hypnotisch.

"Wow!" Auf den ersten Blick war sie einfach nur eine prachtvolle und mächtige Erscheinung, welche sich über mein ganzes Augenspektrum erstreckte. Draußen war Sonnenschein, aber die Mauer stand in leichtem Schatten. Ein tieferer Blick in die Steine ließ die Mauer ihre eigene Geschichte erzählen... Stücke der Mauer kamen hervor und konstruierten sich in einem unaufhörlichen Tanz, welcher sich immer weiterentwickelte. Farben verzerrten sich, Felsen bewegten sich brockenhaft in dickfließenden Bewegungen und es entstanden ständig neue Blöcke. Dieses Spiel ging immer weiter, begleitet von dunkleren Farbtönen, welche sich je nach Prägung der Steine intensivierten, ausbreiteten und gleichzeitig innerhalb weniger Sekunden wechselten. Ich starrte die Wand mit einem interessierten Blick an, und das etwa 20 Minuten lang. Zwischendurch machte ich ein paar Fotos von Hans, wie er vor der Mauer stand. Wenige Meter vom Steinbruch entfernt waren einige Felsen, welche wir ebenfalls hinaufkletterten. Mein Gedächtnis rief die Erinnerung von Simba, dem König der Löwen, hervor und verknüpfte die Emotionen, welche ich damals empfand,als ich diesen Film als kleines Kind das erste Mal sah. Diese Art von Assoziationen entstanden sehr häufig in Begleitung mit heftigen Glücksanfällen. Fantastisch gefühlvolle Kindheitserinnerungen kamen aus dem Unterbewusstsein heraus, als wir besondere Zwischenziele unserer Reise erreichten. Neugierde, Abenteuer, Entdeckungslust. All diese Emotionen wurden jedes Mal neu erweckt, immer stärker. Stets waren sie so natürlich, rein und wahrhaftig. Alles machte so viel Sinn. Die Natur gab mir diesen Sinn, den Ansporn. Es ist so schwer zu beschreiben... eine Art Lebenserfahrung, eine Öffnung vieler neuer Türen, eine veränderte Betrachtung des Lebens, eine andere Perspektive, welche eine so tiefgehende und übernatürliche Bedeutung hatte. Dieses Gefühl war so neu, so schön, so ehrlich. Es gab keine Zweifel daran, alles wirkte so klar und friedlich. Der Steinbruch hatte starken und nachreichenden Einfluss auf meine Weltanschauung. Wozu Krieg? Warum sind Menschen so egoistisch und machtgierig? Wir kannten die Antworten, aber mit diesem erweiterten Zustand wurde uns diese Frage auf eine andere Art und Weise erklärt...

Als ich vom Felsen aus meinen Blick nach links schweifen ließ, erkannte ich einen Schmetterling, welcher auf dem Stein saß. Die Fühler bewegten sich hin und her, die Flügel schwingten ganz langsam und sachte, immer gleichmäßig und unaufhörlich... welch eine prachtvolle Schöpfung der Natur! Die gelben Muster veränderten langsam ihre Gestalt und flossen ineinander. Vergessene Gefühle von Zeichentrickserien und Kinderbüchern meldeten sich wieder, erzählten ihre Geschichte neu und fluteten mich mit all ihrem Emotionen.

Uns fiel auf, dass das Wasser leer war. Bei der prallen Sonne und dem ganzen Klettern war das kein Wunder. Trotz trockenem Mund konnte ich Hans davon überzeugen, einen Augenblick länger hier zu bleiben, um mich voller Hingabe der Abstraktion der Mauer zu widmen. Der Rückweg, welchen mein Reiseführer natürlich kannte, erwies sich als erstaunlich einfach zu bewältigen. Wir kamen nach etwa 30 Minuten wieder am Rande der Stadt raus. Der Peak hat deutlich nachgelassen, das Morphing der Gesichter fremder Menschen war nicht mehr ganz so befremdend. Dennoch war es noch recht stark ausgeprägt. Unser nächstes Ziel war eine Bäckerei, um etwas Essen und Trinken zu holen. Wir tüftelten einen genauen Plan aus, bei dem Hans mir das Geld geben sollte und ich bezahle, weil ich mich aus welchen Gründen auch immer dazu fähig fühlte. Etwas mulmig war mir schon, Paranoia hatte ich allerdings keine, so ziemlich alles war interessanter als fremde Menschen. Besonders abstrakte Plakate von bevorstehenden Festen und Werbungen wirkten so mystisch und dreidimensional. Der Einkauf beim Bäcker lief ziemlich unspektakulär ab, denn dort drinnen hatte ich eine so starke Reizüberflutung von verschiedensten Geräuschen und starken Gerüchen, dass ich mich auf die (recht alten) Leute gar nicht konzentrierte. Einzige Angst bei mir war, dass ich zu sehr in Trance verfalle und nicht bemerke, dass ich an der Reihe bin. ;-)

Zu unseren Gunsten waren die Straßen immer noch recht leer, einzig und allein ältere Touristen waren unterwegs, welche mich nicht störten. Einziges Horrorszenario wäre für mich, einen unwissenden Bekannten zu treffen, der sich mit mir unterhalten oder gar mitkommen möchte. Für mich absolut unvorstellbar. Aber zu dieser Zeit schlief sowieso jeder seinen Rausch aus, von daher war das auch kein Problem. Wir gingen eine kurze Strecke zurück zur Stadtwiese, wo wir früh morgens bereits waren. Am Rand der Wiese floss ein kleiner Bach. Dort angekommen schüttete mein Gehirn wieder unfassbar hohe Mengen an Glückshormonen aus. Diese winzig kleinen Wellen, die man im Wasser sah, erzeugten durch die Sonne eine sehr stark glitzernde Reflektion. Alles war so hell und glänzend, es hatte eine beinahe göttliche Ausstrahlung. Die sich spiegelnden Strahlen ähnelten kleinen Sternen, die mich anleuchteten. Es waren mehrere tausend, welche ich selbstverständlich gleichzeitg erfassen konnte, alles komplett ungefiltert. Das alles begleitet von dieser friedvollen Ambiente, das beruhigende Wasserrauschen, der Vogelgesang. Es war perfekt.

Als wir nach einer Sitzgelegenheit suchten, setzten wir uns wenige Meter entfernt auf eine Bank, welche unseren Blick auf die komplette Wiese gleiten ließ. Wieder Regenbogenfarben im Himmel, wieder aztekenhafte Inschriften auf dem Steinboden. Mittlerweile war etwas mehr los. Ein älterer Mann führte seine zwei Hunde aus. Der erste Hund rannte voraus Richtung Wiesenende. Der zweite, ein großer, weißer Jagdhund, rannte hinterher. Mein Gehirn erzeugte für einen Moment eine Art Zeitlupeneffekt. Die Sprünge des Hundes wurden immer langsamer, dafür größer. Gleichzeitig wurden die Beine ganz lang gezogen. Ich konnte richtig sehen, wie die Zeit mehr und mehr stehen blieb. Es sah beinahe so aus, als würde der Hund ein kleines Stück mitschweben bei jedem Sprung. Welch wunderschöne Eleganz dieses Tier doch hat! Es wirkte so fröhlich und verspielt, glücklich und zufrieden, als es quer über die Wiese sprang. Wenige Minuten später aber fragte ich mich und auch Hans, wie es denn nochmal war, wenn man nüchtern ist. Die Zeit kam mir so ewig vor. Ich konnte mich tatsächlich kaum daran erinnern, wie es war, wenn man in der Realität ist. Das war übrigens bei Weitem nicht das erste Mal, dass ich mich diese Frage stellte. So ganz allmählich wollte ich wieder klarkommen und hatte auch genug gesehen...

Ich beobachtete, vor der Bank auf der Sonne liegend, ein paar Basketballspieler, wie sie Körbe warfen. Durch die Ebenenverschiebung konnte ich nicht sagen, ob der Ball gegen den Korb, oder gegen das Haus, welches eigentlich gute 50 Meter weiter hinter stand, fliegt. Es sah exakt gleich aus, ohne Witz. Sogar Hans lachte darüber, sowas kann doch einfach nicht sein.. Ein zweidimensionales, sich immer fortlaufend bewegendes Bild. Als ich weiter zuschaute, erfuhr ich diesmal einen Zeitlupeneffekt, welcher sich auf die Akustik bezog. Sobald der Ball auf den Boden fiel, hörte ich den entstehenden Schlag erst eine gute Sekunde später, ähnlich wie bei Blitz und Donner. Ich war total fasziniert davon, leider hielt der Effekt nur wenige Minuten an. Währenddessen schossen mir Filme aus vergangener Zeit durch den Kopf, welche diesen Effekt zum Stimmungsaufbau bewusst verwenden. Neue Assoziationen verknüpften sich in meinem Gehirn, alles verankerte sich so tief, dieses gespeicherte Erlebnis wirkte stark und präsent. Schöner als die Realität, in welche ich ganz langsam hineinglitt. Das Morphing ließ mittlerweile nach. Wir entschieden uns dazu, auf einen kleinen, kaum durchschaubaren Fleck der Wiese, von einer bebauten Zone umgeben, hinzulegen. Die wenigen Bäume wirften einen Schatten, welcher mit der Zeit immer kleiner wurde, sodass wir uns alle paar Minuten neu verteilten. Auf dieser Wiese verbrachten wir insgesamt etwa vier Stunden liegend, lachend, unterhaltend und schweigend. Voller Harmonie. Noch NIE in meinem Leben habe ich solch eine Zufriedenheit, losgelassen von allen Sorgen, verspürt. Es war das schönste und wahrhaftigste "Chillen" meines Lebens. Einfach komplett losgelöst, ohne Hintergedanken, immer auf Autoplay. Dieses Gefühl empfanden wir beide. Die Realität kam immer näher, komplexe Konversationen blieben allerdings unmöglich, da Hans während des ganzen Trips - nun ebenfalls stark abklingend - gut 3 Gramm Gras geraucht hat, was ihn hinsichtlich Gesprächsfluss etwas beschränkte. Besonders lustig fand ich es, dass er im Minutentakt auf Knopfdruck das komplette Gesprächsthema vergaß, ich ihm einen Denkanstoß gab und er sich sofort wieder erinnerte. Zum Totlachen!

Zwischendurch entschieden wir uns, in den nächsten Supermarkt zu gehen, um Trinken und Zigaretten zu kaufen. "Welch eine Ruhe hier..." waren meine ersten Gedanken. Isoliert von der Naturwelt, liefen wir kurz durch den Supermarkt entlang und Hans entschied sich spontan, ein paar Schuhe anzuprobieren. Der begrenzte Raum erzeugte für mich ein leicht einengendes Gefühl. Morphing war bei Konstruktionen wie Tischen und Stühlen, Flaschen oder Rolltreppen, kaum bis gar nicht vorhanden. Alles Naturbezogene veränderte sich weiterhin noch sehr gut erkennbar. Wieder zurück auf unserer abgelegenen Wiese, ging es weiter ans Chillen. Ich betrachtete stundenlang die Bäume über mir, ihre Schärfe und Reinheit. Neue Blätter und Zweige wuchsen nicht mehr, Veränderung war nur noch auf weitere Entfernung erkennbar in Form von linienartigen Mustern und das war auch gut so, denn die Uhr schlug mittlerweile 15:00 Uhr, alles war endlich (!) am abklingen (Kurze Anmerkung: mein Konsumzeitpunkt war 4:00 Uhr morgens!). Fraktale sah ich schon lange nicht mehr. Menschen dagegen morphten im Vergleich dazu immer noch unnatürlich stark. Die Wirkung war eindeutig zu lang, ursprünglich rechnete ich ja mit einer Länge von 3-5 Stunden...Hans und ich diskutierten darüber, ob wir uns beide je eine ganze Pille (je 180mg) schmeißen sollen. Ich entschied mich schließlich dagegen, mein Magen rebellierte. Den ganzen Trip über empfand ich zeitweise leichte bis mittlere Bauchschmerzen, ähnlich wie man es vom herkömmlichen Amphetamin kennt.

Hans rauchte seinen letzten Joint fertig und wir entschieden uns beide dafür, nach Hause zu gehen. Ich fühlte mich bereit, war nun fast ganz in der Realität. Gedankenstruktur und Geschwindigkeit stellte sich wieder her, Morphing rückte weiter in den Hintergrund und ein sehr tiefgehender und psychischer Prozess begann unter Höchstleistung, in meinem Kopf zu arbeiten. Der Heimweg stellte sich mit Ausnahme der ganzen bizarren und verstörenden Gesichter als relativ unspektakulär an. Im Treppenhaus verflossen die Sichelmuster des Keramikbodens nur noch ganz leicht und sachte. Zu Hause angekommen gabs erstmal 'ne Dusche, Zähne putzen und Kontaktlinsen ausziehen. Letzteres beschaffte mir wieder leichte fraktalartige Erscheinungen, ähnlich wie wenn man die Augen schloss. Durch die nun vorhanden -3,5 Dioptrien verschafften meinem Gehirn eine Art "künstlerische Freiheit", welche das Morphing zu meinem Nachteil wieder leicht verstärkte. Anschließend probierte ich, ein wenig zu essen, schließlich war es gute 24 Stunden her. Mit meinen Eltern konnte ich mich unterhalten. Dabei war ich zwar verpeilt wie seit meiner Kifferzeit nicht mehr und reagierte teilweise erst nach mehrmaligem Auffordern, aber sonderlich auffallend war es nicht. Meinem Bruder erzählte ich in Kurzfassung meinen Tripverlauf, worauf er sagte, dass laut meiner Erzählungen es seinen Pilztrips 1 zu 1 gleicht. Nur meine empfundene Intensität sei stärker, die Wirkung intensiver. Ich legte mich ins Bett und ließ ein wenig Musik laufen. Schnell bemerkte ich, dass ans Schlafen absolut nicht zu denken war. Mir wurde wieder ein wenig unwohl. Für das richtige Lied konnte ich mich nicht entscheiden, alles hatte eine merkwürdige Akustik, schillernde Geräusche entstanden bei bestimmten Hochtönen. Mir wurde immer unwohler, denn die Augen offen lassen konnte ich auch nicht, es morphte alles noch und ich hatte einfach kein Bock mehr darauf. Interessant war es in dem Moment auch nicht mehr, viel eher ablenkend und störend, gar angsteinflößend. Seit über 40 Stunden habe ich nicht mehr geschlafen. Das dürfte ein weiterer Grund für die immer noch fortlaufende Präsenz der Wirkung sein. Erschwerend hinzu kommt, dass der MDMA-Afterglow gänzlich erlosch und eine leicht negative Grundstimmung nach sich ziehte, welche offenbar das nun leicht verstörende Morphen verursachte. Eine ganz leichte Form von Panik schlich sich ein, ich hörte andauernd merkwürdige Geräusche jenseits meiner Tür. Ein Weinfest 50 Meter von der Wohnung entfernt durfte natürlich auch nicht fehlen, einschlafen war unmöglich. Alles nervte und störte. Nach 10 minütigem hin- und herwälzen im Bett kam mein Bruder herein mit der erlösenden Botschaft, dass meine Eltern einkaufen waren! Die Uhr schlug nun etwa 18:00.

Sofort drehte ich den Bass meiner Boxen und den Sound selbst enorm hoch und jegliche Angst verflog augenblicklich. Anschließend gings ins Wohnzimmer, ich aß ein wenig und erzählte meinem Bruder detailhaft, was ich erlebt hatte. Mein Bruder kam auf die gute Idee, mir einen Kaffee zu machen, um meine Gedanken wieder zu ordnen. Da ich sowieso nicht schlafen konnte, wäre der Kaffee insofern vorteilhaft, dass er eine stärkere Müdigkeit hervorruft, sobald die Wirkung des Koffeins abklingt. Noch besser war die Idee meines Bruders, eine 5.1 unterstützte CD von Pink Floyd einzulegen. Bei unserer Anlage war der Klangraum fabelhaft. Kanäle des Sounds wechselten sich, bedingt durch das Moxy, immer noch ein wenig. Ich ließ mich mitreißen von den trippigen und gechillten Sounds des Space Rocks, begleitet von leichten CEVs. Ich erkannte an einem Fenster im Wohnzimmer die selbe Kirchenverzierung wie in meinem Zimmer. Leider wurde diese nicht mehr zum göttlichen Fluss, sondern zerfloss lediglich ganz leicht ineinander, ebenso erging es unserem Teppich. So lag ich also da und genießte, während mein Bruder synchron zur Musik die selbe Gitarrenmelodie spielte. Das verlieh Pink Floyd einen ganz besonderen Touch, zumindest in diesem Zustand. :-) Gute 3 Stunden später kamen meine Eltern wieder nach Hause, ich ging zurück in mein Zimmer. Dort verlor ich mich kurz in meinem Bob Marley Poster. Die Schattierungen veränderten sich in eine äußerst schreckliche Visage, die mir Angst einjagte. Ich bekam eine Panikattacke. Mir war sehr unwohl, ich konnte immer noch nicht schlafen, Musik hörte sich immer noch so schrill an. Meine Eltern waren mittlerweile im Bett, ich hatte keinen Realitätsanker mehr in unmittelbarer Nähe. Ich lenkte mich mit Filmen und Forenbeiträgen ab. Zwischendurch erkannte ich immer mal regenbogenfarbene Schlieren quer über den Monitor, die mich ablenkten und auch störten. Mit geschlossenen Augen wurden die CEVs zunehmend negativ. Ich schaute das Bob Marley Gesicht nicht mehr weiter an und versuchte es zu ignorieren (an der Stelle muss ich erwähnen, dass ich schon seit Kindesalter manchmal Angst im Dunkeln habe, wenn ich alleine bin und das mit 19 Jahren). Heute, einen Tag später, habe ich das Bob Marley Plakat abgehängt, da es schlicht und einfach eine negative Assoziation in mir erzeugt. Die Wirkung des moxy pulsierte teilweise wieder stark und erzeugte für kurze Zeit heftige Morphs, was mich umso mehr verstörte. Mir war immer noch sehr unwohl, ich wusste nicht was ich tun soll. Mittlerweile war es 23:00 Uhr. Schließlich kam ich aber auf die Idee, einfach das Licht anzumachen. Die Angst war innerhalb von Sekunden wie weggeblasen, die CEVs erzeugten nun einfach gemusterte Fraktale mit Sonnenfarben, ich bekam ein dickes Grinsen im Gesicht und konnte nun ENDLICH innerhalb weniger Minuten einschlafen.

Am nächsten Tag bin ich um etwa 6:30 Uhr aufgewacht, total munter und ausgeglichen. Ich schaute zur Wand. Mein erster Gedanke war "Endlich Realität, endlich Normalität, das Morphen ist vollständig verschwunden!" Mein Gehirn arbeitete währenddessen auf Hochtouren, komplexe Vorgänge spielten sich in meiner Psyche ab. Die Resultate werde ich wohl erst in den nächsten Tagen und Wochen erfahren. So viel kann ich allerdings schon sagen: Als ich zum Balkon hinausging, um eine rauchen, erfüllte sich mein Herz mit tiefer Freude, ich sah Bäume und den Wald, eine starke Naturverbundenheit stellte sich ein. Ich war komplett gelassen und ausgeglichen, reflektierte den gestrigen Trip und kam zum Entschluss, dass es wohl die intensivste, tiefsinnigste und schönste Erfahrung meines Lebens war, trotz einiger Panikattacken und kurzen Angstzuständen (hier beziehe ich mich vor allem auf das Szenario, als wir früh morgens bei mir waren). Ich bin wirklich sehr gespannt auf die nächsten Wochen.

Nachwort: Ich sitze nun seit 7:30 Uhr morgens an diesem Bericht und schreibe insgesamt gute 9 Stunden daran. Ich bedanke mich an dieser Stelle herzlich fürs Lesen und hoffe, dass es euch gefallen hat.

An die Forenuser: Konstruktive Kritik über Schreib- und Wortstil und Verbesserungsvorschläge sind sehr erwünscht! Ihr könnt euch bei Bedarf auch gerne meinen ersten MDMA Trip ( http://www.land-der-traeume.de/trip_lesen.php?id=10805 ) durchlesen. Des Weiteren hätte ich gerne eine ungefähre Einschätzung, wie stark die Dosis im Vergleich zu einem Pilztrip gewesen ist, am besten mit Sorte und Grammangaben (ich wiege ca 75kg bei einer Größe von 1,81m). Falls euch Unterschiede auffallen, dürft ihr mir diese mitteilen, ebenfalls würde ich mich freuen, wenn ihr eure Moxy-Erfahrungen mit mir teilen würdet. Vergleiche zu meinem Trip wären mir hier besonders wichtig.

Vielen Dank!