Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Das dritte Familientreffen
Drogen:Mischkonsum von Ecstasy und Speed (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Apeace
Datum:02.08.2018 01:44
Set:Euphorisch, voller positiver Erwartung
Setting:Wohnung meiner Mutter
Nützlichkeit:8,24 von 10 möglichen   (17 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Achtung: dieser Text ist ziemlich lang und geht weit über einen klassischen Tripbericht hinaus. Es werden auch andere, damit in Zusammenhang stehende Erlebnisse wiedergegeben. Trotzdem hoffe ich, dass möglichst viele sich auf den Inhalt einlassen und vielleicht sogar etwas daraus mitnehmen können.


26.1.2018

Es ist Freitag, ich habe weder Uni noch muss ich arbeiten, die Sonne scheint, wenn es auch kalt ist. Einer meiner besten Freunde holt mich zuhause ab. Wir fahren zu seinem Dealer, wo er für uns beide einkaufen wird. Ich bin etwas aufgeregt, denn das ist praktisch das erste mal, dass ich bei solch einem Geschäft dabei sein werde. Vorher hatte immer nur besagter Freund Sachen für uns mitgebracht – mal ein paar Teile, mal etwas Gras. Mehr brauchten wir nie, stets nur kleine Mengen für einen kleinen Kreis. Doch heute brauche ich mehr, deshalb tut er mir diesen Gefallen, wenn auch etwas widerwillig.

Wir fahren in seinem winzigen Peugeot durch die alte Hauptstadt zum vereinbarten Treffpunkt, einer Feuerwehrwache in einem ruhigen Stadtteil. Diesen Ort hält er zumindest für den Treffpunkt. Als wir dort niemanden antreffen und meine Kumpel den Dealer anruft, erfahren wir, dass wir im falschen Stadtteil sind. Also starte ich wieder Google Maps, gebe von neuem die Richtung an, während wir mittlerweile schon viel zu spät sind. Doch der Dealer hat Geduld und so erreichen wir über eine halbe Stunde später die richtige Feuerwehr. Dort gibt es keine Möglichkeit mehr zu parken, also lässt mein Kumpel das Auto quer vor besetzten Parkplätzen stehen, mit mir drinne, was bedeutet, dass ich wieder nicht mitkommen kann und stattdessen Bereitschaftsdienst schiebe, sollte jemand aus seinem Parkplatz wollen. Das ärgert mich zu zuerst, aber als ich noch beobachten kann, wie er sich mit dem Dealer trifft (bzw. den Dealern, denn sie sind unerwartet zu dritt), bin ich irgendwie erleichtert, dass ich sitzenbleiben durfte. Drei ominöse Typen, Adidas-Jogginganzüge, Bauchtaschen, mitten am Tag mit einer Menge vorbeilaufender Passanten – ich erkenne plötzlich, dass das nicht meine Welt ist.

Fünfzehn Minuten später kommt mein Kumpel zurück, steigt ins Auto und wirft mir ein kleines Tütchen zu, Inhalt: 17 giftgrüne Heineken, 13 davon für mich. Wir geben uns ein High-Five, fahren los, sind fast schon euphorisch. Die Dealer hatten im versichert, dass diese Teile wirklich stark sein sollten ("Auf jeden Fall 280er!") und wir glauben das ohne jeden Zweifel, wollen das natürlich glauben. Auf der ganzen Fahrt malen wir uns aus, wie geil der Trip damit werden wird; er mit seiner neuen Freundin, ich mit meinen Leuten aus einem anderen Bundesland, die bisher jedes mal nur mit höchstens mittelstarken Pillen aufwarten konnten.

Noch am selben Abend schmeißt er sie ein, wir schreiben uns währenddessen. Er ist recht erfahren mit dieser Droge, konsumierte schon seit etwa einem Jahr regelmäßig ein mal im Monat, genau wie ich. Bisher hatte er noch alles problemlos weggesteckt, doch diese Heineken hauen ihn und seine Freundin um. Erst schickt er mir Textnachrichten, beschreibt wie die ganze eingeworfene Pille heftig zu wirken beginnt, dann flattern seine Pupillen zu stark, um noch schreiben zu können. Also sendet er Sprachnachrichten, ich merke, wie seine Stimmung umschwenkt und er letztendlich, kaum noch dazu fähig, eine Warnung ausspricht: "Okay, nimm bitte echt keine ganze davon."
Ich hingegen freue mich immer mehr auf nächste Woche, wenn meine Leute uns zum ersten Mal besuchen und ich so starke Teile präsentieren kann.


Ende Juli 2017

Meine Mutter hatte mich und meine Schwester zum Grillen eingeladen. Es war ein perfekter Sommertag und wir genossen ihn gemeinsam auf dem kleinen Balkon, wie wir es ab und an taten, seitdem meine Mutter sich von ihrem zweiten Ehemann getrennt hatte und nach einer extrem schwierigen, schmerzhaften Phase nun ein neues Leben begann und dieses mehr genoss als je zuvor.
Dementsprechend gut war die Laune. Wir redeten über alles, was uns in den Sinn kam. Ich hatte gerade die letzte Vorlesung meines Bachelors gehabt, meine Schwester berichtete vom Alltag ihres kürzlich angetretenen Jobs bei einem Amt. Mal wieder war die Harmonie zwischen uns perfekt. Ich selber hatte noch nie eine Familie getroffen, die so gut funktionierte – wenn auch erst nach endlosen Strapazen und Problemen, die uns die ganze Kindheit und Jugend begleitet und erst losgelassen hatten, als wir alle drei alleine ein eigenständiges Leben führten.

Doch als wir fertig mit dem Essen waren und noch bei ein paar kühlen Getränken zusammensaßen, schlug meine Mutter einen ernsteren Ton an. Wobei, tat sie das?
Sicher war ich mir nicht, es hätte auch nur eine alltägliche Geschichte sein können, die sie vermeintlich ernst erzählt.
"Es gibt da noch etwas, dass ich euch erzählen muss.", worauf meine Schwester und ich nicht besonders reagierten, denn noch immer erwarteten wir nichts Weltbewegendes.
"Ich muss euch etwas beichten." Auch diese Aussage hörte sich nicht wirklich nach etwas Ernstem an, vielmehr, als würde sie uns sagen wollen, dass sie sich spontan einen Urlaub gegönnt hatte oder etwas ähnliches. Sie legte eine offensichtliche Spannungspause ein, die später betrachtet definitiv eher ein Zögern war.
Ich war der erste, der das Schweigen unterbrach.



2.2.2018

Leider muss ich an diesem Tag, einem eiskalten Freitag, arbeiten; das ließ sich einfach nicht ändern. Doch dafür habe ich das restliche Wochenende frei, was ungleich wichtiger ist. Ich muss bis zehn Uhr abends arbeiten. Schon kurz vorher sehe ich das Auto meiner Schwester, sie kommt mit meiner kleinen Cousine um mich abzuholen. Ich beeile mich und springe schon bald ins Auto, wo beste Laune und spürbare Vorfreude herrscht. Meine Cousine, ein aufgewecktes, 12-jähriges Mädchen, berichtet von der recht langen Fahrt aus Bayern zu uns und wie schön sie es findet, dass endlich mal wieder ein derartiges Treffen der beiden Familien zustande kommt.

Bei meiner Mutter angekommen treffe ich auf den Rest der Familie: Meine Tante, ihr Mann, mein Cousin und sein bester Kumpel, den er immer mitbringen wollte, was aber keiner je wirklich ernst genommen hatte. Ich begrüße alle herzlichst, lasse mich ein auf den Tumult; acht Leute in einer kompakten Drei-Zimmer-Wohnung. Es gibt noch warmes Essen, kaltes Bier, jede Menge Geschichten zu erzählen. Obwohl noch eine Person, mein Schwager, fehlt und es noch viel zu früh ist, werden erste verschwörerische Blicke ausgetauscht.


"Ich muss euch etwas beichten."

Lachend erwiderte ich:"Du hast Drogen genommen!?"
Sie schwieg erneut, formte dann ein ertapptes, aber vergnügtes Gesicht.
"Ja."
Irgendwie glaubten meine Schwester und ich ihr das sofort; seitdem sie Spaß am Leben hatte erschien das plausibel. Zumindest dass sie mal bei jemandem am Joint gezogen hatte, mehr keinesfalls. Deshalb waren wir auch kaum geschockt, lachten stattdessen aus vollem Halse, bis ich fragte, was sie denn genommen habe.
Immernoch zögerlich rückte sie mit der Sprache raus: "Ecstasy." Das war zu viel des guten, bei dieser Antwort fühlten wir uns verarscht. Es war weiterhin sehr lustig, aber wir glaubten ihr nicht mehr, hielten all das für einen Spaß. Doch sie löste ihn nicht auf, auch auf Nachfrage behauptete sie weiterhin, sie hätte Ecstasy genommen.
Ich konnte diese Aussage nicht glauben, obwohl ich es wollte. Ich selber hatte im gleichen Jahr, einige Monate zuvor, zum ersten mal MDMA konsumiert und das in der Zwischenzeit ca. 4-5 mal wiederholt und fand es wahnsinnig toll. Dazu kam eine Erfahrung mit LSD und ein im Allgemeinen plötzlich sehr großes Interesse an bewusstseinsverändernden Substanzen. Aber dass meine Mutter Teile geschmissen haben soll? Nicht möglich!



Die Zeit verfliegt geradezu. Nach einer halben Stunden sind wir schließlich vollständig und mehr als bereit, aber ein Problem haben wir noch: meine Cousine ist noch wach. Gegen zwölf beginnt meine Tante Druck auf sie auszuüben, weist auf die späte Stunden hin. Widerwillig fügt sich meine Cousine, macht sich bettfertig und verschwindet kurz nach Mitternacht im Schlafzimmer meiner Mutter. Doch noch ist die Luft nicht rein, wir warten eine weitere halbe Stunden, bis wir sicher sein können, dass sie schläft. Bis dahin wurde auch schon alles vorbereitet: jemand hat sein Handy an die Anlage angeschlossen, eine passende Techno-Playlist angefertigt, ein rot-grün-blaues Partylicht wurde vor uns platziert und auf dem Boden (aus Mangel an Sitzmöglichkeiten) Matratzen und Kissen ausgelegt. Wir versammeln uns so alle im Wohnzimmer, nun acht Leute in freudiger Erwartung, und warten auf meinen Einsatz.


Egal wie oft wir fragten und nachhakten, sie beharrte auf ihrer Aussage: Sie habe Ecstasy genommen. Meine Schwester und ich schauten uns lange an, kommunizierten allein mit Blicken und glaubten ihr schließlich. Jetzt waren wir tatsächlich etwas schockiert, aber das durchaus positiv. Wir wussten nicht genau, was wir davon halten sollten, und drucksten und lachten daher rum. Als uns endlich vollends klar war, dass unsere Mutter, noch vor nicht allzu langer Zeit eine instabile Person mit Hang zu Depressionen, geknebelt von einem herrischen Ehemann und einer bedrohlichen medizinischen Diagnose, nun wie nie zuvor „Ja!“ zum Leben sagte und mit Mitte Vierzig begonnen hatte, eine Partydroge zu konsumieren, stellte sich sofort die Frage, wie es dazu gekommen war. Die Geschichte dazu war tatsächlich wenig überraschend, doch gleichzeitig auch unerwartet.



Aus meiner Hosentasche hole ich ein kleines Metalldöschen, dass ich ursprünglich von meinem Zahnarzt geschenkt bekommen hatte. Doch statt Pfefferminzpastillen gegen Mundgeruch enthält es nun einen weitaus wertvolleren Schatz: die Heineken-Teile, mein ganzer Stolz dieses Abends. Ich verteile ganze bzw. halbe Pillen an die Teilnehmer dieser Runde; lege sie in ihre Hände wie ein Pfarrer es mit Hostien macht. Als jeder versorgt ist, „stoßen“ wir an, legen sie in unsere Münder und schlucken sie mit Wasser. Das war's, damit ist der Rest der Nacht besiegelt.
Uns erwartet Spaß.
Mehr Spaß.
Zu viel Spaß?


Am Anfang des selben Jahres, an ihrem Geburtstag, waren meine Tante und Onkel aus Bayern bei uns zu Besuch. Die beiden waren seit jeher sehr speziell. Mein Onkel, fast 20 Jahre älter als meine Tante, die die jüngere Schwester meiner Mutter ist, war bis vor einigen Monaten Mitglied in einem großen Motorrad-Club. Ihr ganzes Leben drehte sich um diesen Kult, mitsamt Clubtreffen, Brüderschaft unter Mitgliedern, zweifelhaftem Credo und den unvermeidlichen Geschichten von Gewalt, Waffen und krummen Dingern. Aus all dem und weiteren Details aus dem Leben der beiden schlussfolgerten wir stets, dass bei ihnen auch Drogen mit ihm Spiel sein müssten. Beweise hatten wir nie, aber es kümmerte uns auch nicht weiter. Wir hatten stets eine sehr gute Beziehung zu ihnen und vor allem wir Kinder verstanden uns untereinander blendend.

Jedenfalls waren sie an diesem Abend zu Besuch und nach einer Feier im kleinen Kreis in einer Wirtschaft verschwanden alle nach Hause, Onkel und Tante mit zu meiner Mutter, wo sie übernachteten. Doch wie sich dann herausstellte, tranken sie noch ein paar Gläser Wein, unterhielten sich, bis meine Mutter sehr sentimental und traurig wurde wegen besagter Ereignisse, die zu diesem Zeitpunkt noch deutlich frischer waren. Als die Stimmung am Tiefpunkt angelangt war, fragten sie meine Mutter, ob sie nicht etwas zur Aufmunterung haben wolle. Diese Idee fand sie in ihrem depressiven, alkoholisierten Zustand offensichtlich ganz toll und nahm daraufhin auch nach nur kurzem Zögern an, was man ihr anbot: eine halbe Ecstasy-Pille.



Nun hat jeder eine gute Dosis MDMA intus, doch bis sich die ersten Effekte einstellen, wird es noch etwas dauern. Jedoch stört das keinen, denn die Stimmung ist jetzt noch besser. Außerdem können wir ungehemmt reden, denn meine Cousinen ist mittlerweile im Bett.
Es werden pikantere Geschichten ausgetauscht, ich erzähle von meinem ersten wirklich intensiven Pilztrip, mein Cousin von seinen Wochenenden, die er stets mit Drogen und seinem besten Kumpel verbringt, der bis jetzt kaum etwas sagt.
Während sich, verteilt im Wohnzimmer, Grüppchen bilden, wird in der Küche das „Büfett“ angerichtet. Damit ist aber nichts Leckeres oder gar Essbares gemeint, sondern ein Teller mit ein paar Gramm Speed. Darauf fahren meine Onkel , Tante und Schwager total ab. Für sie grenzt es nahezu an Normalität, wenn es ums Feiern und Spaß haben geht; ich stehe dieser Angelegenheit doch etwas skeptischer gegenüber. Vorher hatte ich Amphetamine nur zweimal konsumiert, ein mal davon während des zweiten Familientreffens. Ob ich an diesem Abend auch einsteigen werde, steht noch in den Sternen – zumindest aus meiner Perspektive.
Eigentlich ist jedoch klar, dass es so sein wird. Dafür werden gewisse Stimmen schon mit Nachdruck sorgen. Doch nun ist erstmal etwas anderes angesagt, nämlich die wohlige Euphorie des MDMA, die sich mittlerweile bei den ersten einstellt. Jetzt beginnt der wirklich interessante Teil des Abends!


So war meine Mutter also zum MDMA gekommen. Sie hatte uns mit schonungsloser Ehrlichkeit berichtet, warum sie eingewilligt, wie überaus gut es ihr gefallen und dass sie das Ganze ein weiteres Mal wiederholt hatte. Nun war es an uns, auf dieses völlig unerwartete Geständnis zu reagieren.
Und das taten wir mit dem gleichen Mittel: mit unverhohlener Ehrlichkeit. Ich begann und gab zu, ebenfalls einige Male Ecstasy konsumiert zu haben, was erneute Verwunderung auslöste. Drogen zu konsumieren widersprach dem Bild meiner Person einfach zu sehr. Ich war stets, und das sage ich ausdrücklich nur zum besseren Verständnis, so etwas wie ein „Mustersohn“. Ich hatte nie Probleme in der Schule, schloss Abitur und Bachelor mit guten Zeugnissen ab, prügelte mich nie, war stets äußerst unauffällig und zurückhaltend, zu allen Personen nett und höflich und fiel praktisch niemals negativ auf.
Dementsprechend reagierte meine Mutter, doch sofort freute sie sich auch aus vollem Herzen. Als dann noch meine Schwester beteuerte, dass sie dann den unerwarteten Drogenkonsum in keinster Weise anprangerte, im Gegenteil sogar großes Interesse an MDMA zeigte, war die Harmonie mal wieder perfekt und ein neues, überaus interessantes Gesprächsthema auf dem Tisch.
An diesem Nachmittag blieben wir sogar noch länger sitzen und tauschten uns aus über unsere Ecstasy-Erlebnisse; wie wir unsere Trips erlebt hatten, was wir daran so mochten, welche positiven Auswirkungen der Konsum hat und so weiter. Meine Schwester, die bisher nur eine einzige Erfahrung mit Cannabis gemacht hatte und sonst gar nichts, war sehr angetan und wollte definitiv auch konsumieren. Daher kam die folgende Idee praktisch wie von selbst: Es sollte ein Treffen der beiden Familien geben, an dem wir alle zusammen werfen würden. Das hörte sich zuallererst sehr seltsam und unnatürlich an und irgendetwas in mir sagte mir, dass so etwas eigentlich nicht passieren dürfe. Auf der anderen Seite wollten wir es alle.
Was sollte schon dagegen sprechen, mit seiner Familie Spaß zu haben?



Die weiblichen Teilnehmer dieses Gelages spüren zuerst eine Wirkung. Sie berichten von einem Kribbeln in den Beinen, werden unruhig; auch eine leichte Veränderung in der Stimme meiner Schwester stelle ich fest. Mal wieder brauche ich länger, bis etwas bei mir ankommt. Doch es kommt: ein Ziehen in den Oberschenkeln, das sich anbahnende Gefühl, high zu sein, Bewegungsdrang. Die Worte fließen leichter aus mir: das ist die typische und beherrschende Wirkung des MDMA auf meine Person. Bei allen meiner knapp zehn Trips redete ich wie ein Wasserfall, hatte enormen Spaß daran, teilte meine Gefühle, Emotionen und Einstellungen mit, wie es mir sonst unmöglich ist, verstand meinen Gegenüber besser als jemals zuvor und ging auf in Empathie. So ging es auch stets meinen Freunden, mit denen ich konsumierte. Erst als ich auch mit anderen Leuten gemeinsam trippte, wurde mir klar, dass man Ecstasy auch anders erleben kann, nämlich ruhig und in sich zurückgezogen. Das kam mir erst irgendwie unnatürlich vor, dann unerklärlich. Wie kann man nur bei dieser Droge, die selbst aus einer introvertierten Person wie mir eine sentimentale Quasselstrippe machte, so passiv sein und das auch noch genießen?
Eine Antwort auf diese Frage sollte ich bald erhalten.


Wie sich herausstellte, sprach nichts dagegen, zumindest aus unserer Sicht nicht. Und so stand schon sehr bald ein Termin für das erste Familientreffen der etwas anderen Art fest - okay, der extrem anderen Art.
Im November des Jahres 2017 trafen wir uns in der Wohnung meiner Tante und Onkel. Was an diesem Abend passieren sollte, glaubte noch keiner richtig. So herrschte eine allgemeine Unsicherheit, keiner redete über das, was offensichtlich geplant war, auch weil meine kleine Cousine noch wach war. Doch spätestens als mein Cousin mich bei einer Zigarette auf dem Balkon fragte, ob wir wüssten, wie weit es gehen würde, war alles klar.
Dieser Abend sollte in meine persönliche Geschichte eingehen als das erste Mal, dass ich zusammen mit meiner Familie Drogen nahm.

Ja, das ist absurd und moralisch wohl äußerst verwerflich; mindestens jedoch streitbar.
Ja, es ist verantwortungslos, meine jüngere Schwester so zum Drogenkonsum geführt zu haben.
Und ja, die Befürchtung, dass dies alles ein schlechtes Ende nehmen könnte, ist berechtigt.

Aber selbst an diesem ersten Abend, als die ganze Situation noch so neu und befremdlich war und wir alle uns erst daran gewöhnen mussten, hatten wir unendlichen Spaß.



Wie meistens kommt die Wirkung eher langsam und subtil bis ich irgendwann realisiere, dass ich drauf bin. Gleichzeitig wird mir klar, dass der Rededrang, der sich eben noch aufbaute, nun verschwunden ist. Ich habe keinerlei Bedürfnis mehr, mich mitzuteilen. Das wundert mich sehr, denn wie beschrieben war des eben der Hauptteil meiner MDMA-Trips. Doch das liegt nicht an fehlender Wirksamkeit, denn die Pillen sind tatsächlich ziemlich stark, das ist der allgemeine Konsens in der Runde. Trotzdem entsprechen sie nicht dem, was mein Kumpel mir berichtet hatte.

Ich sitze auf dem mittleren Platz des Sofas, das mir nun tausendfach gemütlicher als sonst vorkommt. Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und alles was ich fühle ist Zufriedenheit, Glück, Ausgeglichenheit. Alles ist perfekt: die Musik, die Leute, die mich umgeben, die Situation. Ich denke kaum über etwas nach, vielmehr lebe ich ausschließlich im Augenblick – etwas, dass mir sonst praktisch nie gelingt. Alles greift in vollendeter Harmonie ineinander. Die Musik massiert meine Seele und schmeichelt meinen Ohren. Mein Körper ist eine Oase positiver Empfindungen. Ich bin eins mit mir selber.

Die anderen genießen den Trip auf ihre eigene Art: mein Cousin und sein Kumpel reden miteinander, ebenso meine Schwester und Tante. Meine Mutter und mein Onkel haben es sich auf einer Matratze gemütlich gemacht, wo sie, Hand in Hand, genau wie ich, zurückgezogen in sich selbst den Moment genießen, so wie sie es immer tun. Nun kann ich sie genau verstehen, ihr Verhalten erscheint mir geradezu natürlich. Manchmal spricht mich jemand an und holt mich aus meinem unsichtbaren Kokon, aber das stört oder ärgert mich in keinster Weise. Obwohl ich momentan kein Mitteilungsbedürfnis verspüre, rede ich doch gern mit den Leuten, wenn sie etwas von mir wollen. Doch sobald ich wieder die Chance habe, kehre ich zurück zu mir selber.
Irgendwann fällt mir das Muster an der Decke vom Partylicht auf und zieht mich in seinen Bann. Es wirft sich verändernde Kompositionen aus roten, grünen und blauen Flecken an die Decke, deren Schönheit mir sich erst nach einer gewissen Zeit offenbart und dann immer wieder und wieder.

Doch dieser Traum der Gefühle hat ein Ende – die Wirkung der ersten Pille lässt nach, und das schon nach etwa zwei Stunden Wirkdauer. Fast allen anderen geht es genauso, also ist die Zeit gekommen für die zweite Runden. Ich zücke wieder mein Döschen und verteile ein weiteres Mal grüne Heineken-Logos.
Diese Mal dauert es nicht so langes, bis die Wirkung bei mir ankommt. Sie ist nicht so intensiv wie bei der ersten Pille und noch dazu näher an meinem üblichen Tripgefühl. Ich bin aktiver, bewege mich in der Wohnung umher, gönne mir welche der extra bereitgestellten interessanten Getränke (Dr. Pepper Cola, Mate, Ginger Beer etc.) und unterhalte mich mehr mit den einzelnen Leute, um zu erfahren, wie sie denn Abend erleben.
Noch immer geht es allen gut, auch wenn die Ereignisse seltsamer und unüberschaubarer werden. So hat sich mein Cousin bis auf Socken und Unterhose komplett entkleidet, was auch nachvollziehbar ist bei dem in der Wohnung herrschenden Klima. Obwohl es draußen sehr kalt ist und ein Fenster auf Kipp geöffnet ist, ist die Wärme und Luftfeuchte geradezu erschlagend. Wir alle laufen auf Hochtouren, besonders ich stoße unglaubliche Schweißmengen ab. Meine Jogginghose und mein T-Shirt sind komplett durchnässt; ich sehe auch aus, als wäre ich soeben einen Halbmarathon gerannt.

Während diverse Leute immer öfter einen Abstecher in die Küche machen und sich am Büfett bedienen, geht in meiner Schwester eine offensichtliche Änderung vor. Bis jetzt war sie recht unauffällig geblieben und hatte einen richtig guten Trip, doch nun ist sie ergriffen von einem extremen Bewegungsdrang. Es ist unmöglich für sie, still zu sein; sie muss in der Wohnung umherlaufen, stottert und spricht mit brüchiger Stimme. Ihr Freund nimmt sich ihr an, redet ihr positiv zu und hält bringt ihre Körper in Kontakt. Ich nehme das alles zwar wahr, aber kann mich damit nicht beschäftigen, mein Trip ist zu stark. Bald nimmt ihr Drang ab, aber ein Zittern des ganzen Körpers bleibt, was auf alle ungut wirkt. Doch stets wiederholt sie, dass es ihr gut geht, was ich ihr auch glaube. Auch mein Onkel, der erfahrenste Konsument der Runde, gibt Entwarnung. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass sie wohl zu viel hatte.
Die nächste Zeit verbringt sie ausschließlich mit ihrem Freund, der Rest hat immer noch einen guten Trip, weitestgehend ohne Sorgen. Auch ich werde nun überredet, in der Küche etwas zu „naschen“ und steige mit ein. Das Speed verändert meinen Trip, macht mich noch aktiver und offener. Es kommt immer mehr Leben in die Gesellschaft, mehr Unterhaltungen finden statt. Dann wird der Rest der Pillen konsumiert, ich gönne mir noch eine halbe, deren Wirkung jedoch nun weit entfernt ist von der der ersten beiden.

Irgendwann verhält sich meine Schwester wieder normal und bald wird es schon hell draußen. Die Sonne nüchtert uns alle etwas aus und obwohl alle noch drauf sind, wissen wir: der MDMA-Trip ist jetzt vorbei. Das finde ich schade, denn ich hätte gerne noch mal so lange weiter gemacht, aber auf der anderen Seite bin ich dankbar für diese unglaubliche Nacht. Schon hört man die ersten Resümees des Trips. Die Pillen waren zwar stark, haben aber bei allen unterdurchschnittlich lange gewirkt. Mein persönlicher Trip war einer meiner besten. Völlig unerwartet hatte ich eine ganz andere Seite des MDMA kennengelernt. Ich erlebte die perfekte Harmonie des Augenblicks, schwelgte in Schönheit und im Reinen mit mir selber, abgekapselt von der Außenwelt.

Doch das Wochenende ist noch nicht vorbei. Wir nehmen Speed bis meine Cousine aufwacht.
Am zweiten Abend konsumieren meine Tante, Cousin und Schwager dann den Rest des Amphetamins, machen eine weitere Nacht durch bei unablässigen Gesprächen über Gott und die Welt. Dann ist nichts mehr da, wir lassen die Wirkung ausklingen und spüren damit die Erschöpfung der letzten zwei Tage ankommen. Ich rauche noch einen Joint zum Abschied mit meinem Cousin und seinem Kumpel, dann fahren sie die weite Strecke bis nach Bayern zurück. Das wundert mich, denn annähernd fit ist keiner von ihnen, aber mir fehlt die Kraft, mir darüber tiefere Gedanken zu machen. Ich mache mich auch auf den Weg nach Hause, wo ich sofort ins Bett falle und bis zum nächsten Mittag durchschlafe.


Was für ein Wochenende!
Was für ein Wahnsinn, mit der Familie diverse Rauschmittel zu nehmen, zu trippen; dass alles so unbeschwert und frei, dass ich es selbst heute noch kaum glauben kann. Für Außenstehende müssen wir wie Verrückte wirken, wie verantwortungslose Asoziale.

Dabei wollen wir doch nur das Leben und unsere Familienbande genießen, und zwar auf unsere eigene Art.
Geht es nicht letztendlich genau darum?